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Archiv-Artikel

SPD will weiterkiffen

NULL-TOLERANZ-ZONEN SPD-Abgeordnete können CDU-Plänen für stadtweites Kiffverbot in Parks nichts abgewinnen. Verhindern können sie die künftige Verordnung aber auch nicht, weil darüber allein CDU-Senatsverwaltungen entscheiden

CDU-Pläne für ein Kiffverbot in allen Berliner Grünanlagen sorgen für Unverständnis beim Koalitionspartner SPD. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU so etwas öffentlich fordern würde“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Sven Kohlmeier, auf Anfrage. Die taz hatte berichtet, dass ein Entwurf einer neuen Verfügung zum Betäubungsmittelgesetz nicht wie bislang erwartet allein den Drogenumschlagplatz Görli als Null-Toleranz-Zone ausweist, sondern alle Parks und Grünflächen.

SPD not amused

Man ist ungehalten bei den Sozialdemokraten. Bei taz-Nachfragen am Dienstag mäßigten sich Abgeordnete zwar merklich, um nicht das Klima in der rot-schwarzen Koalition zu belasten. Doch deutlich erkennbar war, dass die SPDler vom Vorstoß der CDU-Senatoren Frank Henkel (Inneres) und Thomas Heilmann (Justiz) nichts halten. Dass noch zu reden sei, heißt es, dass es noch Abstimmungsbedarf gebe.

Bloß hat die SPD kein Druckmittel, um etwas an den Plänen zu ändern. Die CDU-Senatoren brauchen für die neue Linie offenbar nicht die Zustimmung des gesamten Senats. Und weil es um eine Verfügung und keine Gesetzesänderung geht, ist auch kein „Ja“ des Abgeordnetenhauses erforderlich.

„Die Exekutive kann machen, was sie will“, sagte der SPD-Abgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher Thomas Isenberg der taz. Er kann einer Ausweitung der Null-Toleranz-Zonen aus Präventionssicht nichts abgewinnen. „Wir haben gerettet, was zu retten war“, sagte er mit Blick auf 500.000 Euro, die in die Drogenprävention fließen sollen.

Neue Vorschrift ab Mai

Im Januar hatten Henkel und Heilmann ihre Absicht vorgestellt, weitere Null-Toleranz-Zonen auszuweisen. Ein Verkaufs- und Konsumverbot vor Kitas und Schulen, an Spielplätzen oder Bahnhöfen gibt schon in der noch aktuellen Verfügung, die im Mai von der neuen Vorschrift abgelöst werden soll.

Soweit eine solche Ausweitung nur den Görlitzer Park und weitere „ausgewählte Orte“ betraf, geschah das offenbar im Kompromiss mit der SPD. Die setzte dafür neben den Präventionsgeldern durch, dass außerhalb dieser Orte weiter die bisherige Toleranzgrenze von 15 Gramm Hasch gelten soll. Von einem stadtweiten Kiffverbot in Grünanlagen aber war vor zwei Monaten nicht die Rede.

Die Diskussion um die Anwendungsvorschrift zeigt für Isenberg, dass man neue Wege in der Drogenpolitik gehen müsse: „Weder eine Kiffer-Idylle noch eine Schwarze-Sheriff-Politik helfen dabei weiter.“ Er selbst setzt sich für kontrollierten Anbau und Verkauf von Cannabis ein und sieht dabei andere SPD-Gesundheits- und Sozialpolitiker im Abgeordnetenhaus hinter sich. Die Diskussion dazu sei in der SPD-Fraktion aber noch nicht abgeschlossen.

Der CDU-Entwurf kursiert derzeit auch bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Die halten sich mit klaren Bewertungen bislang zurück. Von Dirk Jacob, Dezernatsleiter für organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt, war am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses immerhin folgender Satz zu hören: „Es war bisher nicht Teil der polizeilichen Strategie, sich auf die Endkonsumenten zu konzentrieren, und das wird es auch in Zukunft nicht sein“.

STEFAN ALBERTI, PLUTONIA PLARRE