: Castro signalisiert Ende seiner Macht
Kubas kranker Staatschef schreibt, dass er nicht an Ämtern klebe und nicht den Weg für Jüngere verstellen wolle. Auf seinen politischen Einfluss muss das aber keine Auswirkungen haben, selbst wenn er wirklich nicht mehr kandidieren sollte
VON KNUT HENKEL
„Es ist meine elementare Pflicht, mich weder an Ämter zu klammern noch dem Aufstieg jüngerer Menschen im Wege zu stehen, sondern Erfahrungen und Ideen einzubringen …“ Diese Worte standen am Ende des Briefes, den Fidel Castro am Montagnachmittag an den kubanischen Fernsehmoderator Randy Alonso schickte. Wenige Stunden später verlas Alonso den Brief live den Zuschauern, wie von Fidel Castro verlangt. Nicht nur in Kuba sorgte der knappe, ans Ende des Briefes verbannte Satz für gehöriges Aufsehen. Hat der Comandante sich wirklich dazu entschlossen, sich aus dem politischen Alltag zurückzuziehen und fortan nur noch als Elder Statesman mit Rat und Erfahrung zur Verfügung zu stehen?
In Kuba kann sich das kaum jemand vorstellen, denn gerade in den letzten Wochen hatte sich der 81-Jährige, der seit sechzehn Monaten nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht war, wieder öfter zu Wort gemeldet. Erst Anfang Dezember ließ der bärtige Patient verkünden, dass er für die Parlamentswahlen im kommenden Januar kandidieren wolle. Das galt als Signal, dass er auch zukünftig am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen will.
Das hatte der Comandante auch in den folgenden Tagen deutlich gemacht. Erst am vergangenen Donnerstag, drei Tage nachdem die Regierung seines jüngeren Bruders die Unterzeichnung der UN-Menschenrechtspakte angekündigt hatte, meldete sich Fidel zu Wort. Er forderte die Verantwortlichen der „Mesa Redonda“, einer propagandistischen Diskussionsrunde im kubanischen Fernsehen, auf, einen Beitrag aus dem Jahre 2001 zu senden. Darin hatte der Comandante höchstpersönlich erläutert, weshalb es für Kuba nicht infrage komme, die beiden UN-Menschenrechtserklärungen, jene über die bürgerlichen und politischen Rechte und die weniger bekannte über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Grundrechte, zu unterzeichnen. Zwei Paragrafen darin waren für Castro nicht annehmbar – der Artikel 8 über die Gewerkschaftsfreiheit und der Artikel 13 über die private Erziehung. Sie hätten, so der Staatschef, subversiven und destabilisierenden Charakter.
An dieser Einschätzung hat sich anscheinend bis heute nichts geändert, und so ist die kaum verbrämte Kritik an der Politik der amtierenden Regierung wohl auch ein Fingerzeig an den kleinen Bruder und seine Regierungsmannschaft.
Wo es langgeht, darüber scheint es keine einhellige Meinung zu geben, und auch in Kuba gilt Fidel längst als Reformbremse. Nicht umsonst sind die von seinem Bruder Raúl wiederholt angemahnten Strukturreformen im Agrarsektor der Insel bisher nicht vom Fleck gekommen, argumentieren Sozialwissenschaftler der Universität ohne große Umschweife. Ob sich daran etwas ändern wird, wenn Fidel Castro nur noch als Ratgeber agiert, bleibt abzuwarten.