sehr geehrter herr bongo:
von RALF SOTSCHECK
Die irische Rock-Kapelle U 2 ist unbekannter, als man denkt. Als Bassist Adam Clayton vor kurzem sturzbetrunken durch Dublin fuhr und von einer Polizeistreife angehalten wurde, schnauzte er den Beamten an: „Ich bin eine Berühmtheit in dieser Stadt.“ Der Polizist kannte ihn aber nicht und wollte ihm den Schlüssel abnehmen. Clayton gab Gas, doch dank eines mittelgroßen Polizeieinsatzes wurde er gefasst und angeklagt. Der Richter fragte ihn: „U 2? Ist das nicht diese nordirische Tanzgruppe?“ Das wurmte Clayton mehr als der Befehl des Richters, sich bei dem Beamten zu entschuldigen.
Bei den Simpsons, jener wunderbaren gelbköpfigen US-Zeichentrickserie, bei der U 2 einen Gastauftritt hatte, sammelt Clayton Löffel und sagt ständig: „Wenn ich meine Löffel nicht hätte, wüsste ich nicht, was ich tun sollte.“ Sänger Bono hingegen langweilt Homer Simpson mit Müllproblemen: „Die Abfallbeseitigung ist eine Frage, die jeden von uns berührt.“
Bono ist ein Gutmensch. Ob er während des Krieges von einer sicheren Bühne in den USA aus in Sarajevo anruft und den Leuten alles Gute wünscht, ob er mit dem Schnellboot an der Küste von Sellafield landet und gegen die Atomanlage protestiert, oder ob er südsamoanische Guppys vor dem Aquariumtod retten will – Bono ist stets auf der politisch korrekten Seite. Dabei ist er immer der bescheidene Junge geblieben, der in einer Nord-Dubliner Schule im Chor gesungen hat. „Wir waren noch nie cool, wir waren immer heiß“, sagt er. „Die Iren sind wie Italiener, die sich nicht richtig kleiden können, wie Jamaikaner, die nicht tanzen können.“ Und Bono wie Caruso, der nicht singen kann?
Aber sind sie überhaupt Iren? Im Februar gewann U 2 bei den Brit Awards den Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet britischer Musik. Bis dato war die Gruppe stets in der internationalen Kategorie angetreten. Was war geschehen? Tony Wadsworth, der Vorsitzende der Jury, sagte: „Sie singen auf Englisch und haben im Vereinigten Königreich einen Plattenvertrag aufgenommen.“ Gut, sollen die Briten sie ruhig für sich reklamieren. Um ihre eigene Musik muss es ja schlimm bestellt sein.
Bono, der auch unter der Dusche das Kreuz trägt, das ihm der Papst geschenkt hat, spricht ungern von seinem eigenen Leiden. Er ist gegen Wein allergisch. „Wenn ich Wein trinke“, sagt Bono, „bekomme ich rote Augen. Deshalb trage ich eine Sonnenbrille. Außerdem verliere ich die Stimme und schlafe an den merkwürdigsten Orten ein.“ Schickt dem Mann kistenweise Spätburgunder!
Vor kurzem hatte Bono von Captain Beefheart gehört, jenem Altmeister der schrägen Rockmusik, der vor langer Zeit beschlossen hatte, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Bono, immer auf der Suche nach einem Opfer, das sich bewohltätern lässt, schrieb an Don van Vliet, wie der Captain im wirklichen Leben heißt: Ob er nicht mal bei U 2 mitsingen wolle? Gern könne er auch als Vorgruppe bei einem U 2-Konzert auftreten. Captain Beefheart antwortete: „Sehr geehrter Herr Bongo, ich weiß nicht, wer Sie sind, aber bitte schreiben Sie mir nicht mehr.“
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