Apotheker-Prozess : Die Bargeld-Connection
Bargeld auf Rezept? Nicht bei mir, sagt der Apotheker
Berufsverbot hat er schon, und auch seine Apotheke in der Neustadt ist seit über zwei Jahren geschlossen: Morgen entscheidet das Amtsgericht, ob Heinz F. wegen Betrugs verurteilt wird und seine Approbation für vier weitere Jahre entzogen bekommt. Der Vorwurf: F. soll in den Jahren 1998 und 1999 Rezepte für Aids-Medikamente bei den Kassen abgerechnet, den oft drogenkranken HIV-PatientInnen dafür aber Bargeld statt der teureren Medizin gegeben haben.
Ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, 36.000 Euro Geldstrafe sowie Schadenswiedergutmachung verlangte Staatsanwalt Christian Baumgarte gestern in seinem Plädoyer. Für ihn steht fest, dass der Deal „Bargeld gegen Rezept“ in F.s Apotheke „System“ hatte. Krankenkassen und Sozialamt sei dadurch ein Schaden von mindestens 180.000 Euro entstanden, der Ruf einer ganzen Branche in Mitleidenschaft gezogen worden.
„Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“, beteuerte dagegen der Angeklagte. Alle verordneten Medikamente habe er ordnungsgemäß an seine KundInnen geliefert. Zwar habe er dem Einen oder Anderen auch Bargeld zugesteckt – in Einzelfällen „auch größere Summen“. Das aber, sagt F., „stand nicht in Zusammenhang mit Rezepten.“
Hinweise eines Drogenberaters hatten vor drei Jahren den Bremer „Apotheken-Skandal“ aufgedeckt. Vier Apotheken standen zunächst im Visier der FahnderInnen. Zwei der Verfahren wurden inzwischen eingestellt; in einem Fall laufen die Ermittlungen noch. Verurteilt wurde bisher nur eine Drogenabhängige – wegen Beihilfe zum Betrug.
Verteidiger Günther Sievers forderte gestern einen Freispruch für Heinz F. 23 ZeugInnen hätten bestätigt, dass sie ihre Medizin stets erhalten hätten. Er wertete die vom Ankläger angeführten gegenteiligen Aussagen als nicht glaubwürdig. Der angebliche Betrug mache zudem auch wirtschaftlich keinen Sinn. Denn F. habe die Medikamente zum Teil als Tauschgeschäft von anderen Apotheken bezogen – billiger als über den Großhandel. Unter dem Strich habe er so einen höheren Gewinn erzielen können, als wenn er den Kranken Bargeld gegeben hätte, das er nicht als Betriebsausgaben hätte absetzen können. Falsch, insistierte der Staatsanwalt: Mit „Bargeld auf Rezept“ habe F. zusätzliche Kunden aus anderen Stadtteilen angelockt – und damit ein Mehr an Umsatz und Gewinn erzielt. sim
Das Urteil fällt am Mittwoch, 9 Uhr, Amtsgericht, R. 351