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Archiv-Artikel

Am roten Teppich Die Starhelfer

Ein Versuch ist es wert: „Der Festivalleiter schickt mich, ich soll mir hier eine Tasche abholen“, sagt ein frecher Berlinale-Gast zu Andreas Fink. Doch der 45-Jährige lässt ihn nicht passieren. Seit sechs Stunden steht er am Eingang im Debis-Haus am Potsdamer Platz, hier werden Akkreditierungen für Sponsoren und Unternehmen ausgegeben. An diesem Tag hat er schon oft darauf hingewiesen, dass die Drehtür automatisch funktioniert. Wenn sie stehen bleibt, treten einige Besucher trotzdem dagegen. Wer keine Einladung hat, kommt gar nicht hinein – und lässt dann auch mal gern Frust ab.

Andreas Fink, der wieder Student ist, hat noch sechs Stunden Arbeit vor sich. Nach dem Ende seiner Schicht spürt er die zwölf Stunden in den Beinen. „6,30 Euro Stundenlohn ist nicht gerade viel“, sagt er. „Aber in zehn Tagen kommt mit Zuschlägen schon was zusammen.“ Er ist einer von mehr als 200 Studierenden, die der Veranstaltungsservice Busch&Dähn in diesem Jahr für die Berlinale engagiert hat. Sie kontrollieren den Einlass, stehen am roten Teppich und öffnen die Türen der Limousinen oder hängen die Mäntel der Gäste auf.

Welche Stars zum Filmfest angereist sind, weiß Andreas Fink nicht genau; er würde die meisten wohl auch nicht erkennen. Anders Daniel Busch. Er steht mit seinen fünf Kollegen im schwarz-roten Cape an prominenter Stelle. Am roten Teppich öffnet er die Limousinen, hält Regenschirme über kunstvolle Frisuren oder überwacht das „Pressedreieck“. Über Funk haben alle Helfer miteinander Kontakt.

Schwierig wird es, wenn die Protagonisten länger als geplant auf der Bühne bleiben und auch Publikumsfragen beantworten wollen. Dann müssen die Teams des nachfolgenden Films in ihren Limousinen warten. Busch vertröstet in diesem Fall Reporter und Fans am roten Teppich. Der 26-Jährige ist zum vierten Mal dabei. Ihm gefällt der gute Teamgeist unter den Kollegen auf Zeit: „Die Erfahrenen erklären den Neuen alles.“

Die Anforderungen sind für den Aushilfsjob hinter den Kulissen hoch, die Stellen begehrt trotz des nicht gerade üppigen Stundenlohns. „Wir achten sehr auf das Auftreten der Leute“, sagt Sebastian Griese, der das Personal bei Busch&Dähn für die Berlinale koordiniert. Bei den Auswahlgesprächen sind Modelmaße und Alter zwar nicht ausschlaggebend, aber zumindest ordentliches Englisch sei ein Muss.

Zudem müssen sich die BewerberInnen auf eigene Kosten in Schale schmeißen. Andreas Fink ist eigens für den Berlinale-Einsatz einkaufen gegangen: eine schwarze Anzughose, elegante schwarze Schuhe und ein weißes Hemd fehlten bislang im Kleiderschrank des Friedrichhainers. Einen roten Pullover stellt Busch&Dähn; den muss er aber chemisch gereinigt wieder abgeben. Viel Zusatzkosten für den Kurzzeitjob.

Auch für Violetta Engelien spielt der Glamourfaktor eine Rolle. Auf ihrer Position erlebt sie die Stars auch hautnah. Die 23-Jährige betreut die Filmteams im „Separee“ des Berlinale-Palasts, bevor sie auf die Bühne gehen. Auch sie arbeitet bereits zum vierten Mal bei den Filmfestspielen und hat vielen bekannten SchauspielerInnen die Tür zum Kinosaal geöffnet. Robert De Niro und Clint Eastwood waren dieses Jahr schon dabei. „Man flirtet auch mit dem einen oder anderen; im letzten Jahr habe ich mich mit Natalie Portman auf der Toilette unterhalten“, erzählt sie.

Manchmal bringt sie den ausländischen Stars schnell noch bei, wie man sich auf Deutsch bedankt. „Die sind alle zuckersüß“, sagt sie. Schwieriger sei die B- und C-Prominenz. „Wer am lautesten schreit, ist am unwichtigsten.“

CATRIN WATERMANN