Alle Jahre wieder : Bloß weg mit dem ganzen Geld
Das Jahr geht zu Ende, die Stadtkassen sind leer und für‘ s nächste Jahr sind die Flauten bereits angekündigt. Trotzdem findet sich hier und da, wie jedes Jahr, noch ein winziger Eurobetrag. In Tausenden von kleinen Etats, die immer noch nicht verausgabt wurden. Öffentliches Geld. Was jetzt? Was tun? Zurückgeben ist tabu! Ausgeben ist Pflicht! Wofür? Egal. Hauptsache die Jahresendabrechnung stimmt auf Euro und Cent. Sie wundern sich? Vielleicht darüber, dass man das Geld im nächsten Jahr nötiger brauchen könnte? Bestimmt! Könnte man, darf man aber nicht. Das nennt unsere Bürokratie nämlich kameralistisch.
Alle, die schon mal öffentliches Geld bekommen haben, kennen Segen und Fluch, die mit dem sogenannten Zuwendungsrecht verbunden sind. Das setzt nämlich reichlich Kenntnisse des Haushaltsrechts voraus. Nehmen wir mal an, ein Kulturverein plant ein Projekt und wendet sich wegen eines Zuschusses an die Kulturbehörden. Die Gespräche verlaufen positiv, die Antragsfristen werden eingehalten. Das Projekt scheint auf den Weg gebracht. Aber! Erste Grundvoraussetzung ist, dass die OrganisatorInnen bereits ein Jahr zuvor genau wissen, wofür sie und wie viel sie an Mitteln irgendwann benötigen. Das wird dann in Haushaltstiteln festgelegt und muss innerhalb des kommenden Jahres auch so verausgabt werden. Das könnte jeder schaffen.
Doch nun beginnt das kameralistische Martyrium: Ein Bewilligungsbescheid sofort? Nee. Das Team muss erst mal warten lernen, ein vorzeitiger Maßnahmebeginn ist nämlich nicht rechtens. Ein Projekt vor der zweiten Jahreshälfte sollte besser gleich vergessen werden, weil der Bewilligungsbescheid sowieso erst nach Verabschiedung des Haushalts erfolgen darf. Netter Schachzug: Kurz nach Freigabe der Mittel wird sofort die Haushaltssperre verhängt, jetzt darf erst mal nichts mehr bewilligt werden. Globale Minderausgabe. Zack. Auf alle Maßnahmen werden 10 - 20 % eingespart. Endlich kann der Rest abgerufen werden, die Maßnahme beginnen. Jetzt heißt es ausgeben.
Aber! Da das Projekt nur zufinanziert wird, handelt es sich um die klassische Fehlbedarfsfinanzierung. Zusätzlich müssen weitere Finanzierungsquellen aufgetan werden. Der Haken. Es gilt der Finanzierungsplan des Vorjahres, sollte weniger oder mehr Geld aquiriert werden als geplant, wird auch die bewilligte Zuwendung geändert. Die öffentliche Hand zahlt weniger, oder auch gar nicht, wenn die angesetzten zusätzlichen Mittel nicht erbracht werden können. Laut Vereinsrecht bürgen bei Beanstandungen dann die Vorsitzenden für die Gesamtfinanzierung.
Doch unsere beispielhaften OrganisatorInnen haben sehr gut gearbeitet und sogar am Ende noch Geld übrig. Für‘ s nächste Projekt? Denkste!
URSULA THEIßEN