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Archiv-Artikel

AUSGEHEN UND RUMSTEHEN VON JENNI ZYLKAPERLAGONIUM X SPECIES ODORATA RIECHT WIE COLA, BEVOR MAN DEN RUM REINGIESST Bis abends ist das alles wieder weg

VON JENNI ZYLKA

AUSGEHEN UND RUMSTEHEN

Toll! In einer kleinen Bar in Prenzlauer Berg gibt es beim Bestellen von Martini einen Bocco auf Eis! Bocco, das Pennbruder-Getränk! Bocco-Sprite, das Alkopop längst vergangener Generationen! Bocco, spätestens der vierte geht einem noch mal durch den Kopf! Oder, in Abwandlung von Dorothy Parkers unvergesslichem Bonmot: I like to have one Bocco. Two at the most. Three I’m under the table. Four I’m under the host.

Aber man spart ja gern. Die Geschenke, die zum 50. Geburtstag am Freitagabend besorgt worden waren, packt man am besten schnell bei Rossmann ein, wo man doch gerade um die Ecke ist, oder eventuell eher bei dm, das Rossmann-Papier ist einfach schon zu bekannt. Hatte schließlich sämtliche Weihnachtsbesorgungen vom letzten Jahr in dem schönen, bunten Punktepapier verschenkt. Verpackung ist die halbe Miete! In „Splash! Jungfrau am Haken“, als Daryl Hannah und Tom Hanks noch jung waren (und Bocco tranken), gibt es diese wunderbare Szene, in der die echte Nixe Daryl Hannah das erste Mal in ihrem Leben ein Geschenk bekommt, amerikanisch-aufwendig mit meterlangem, gekräuseltem Geschenkband, Stoffschleifen und glänzendem Einwickelpapier verpackt, und begeistert schreit: „Es ist herrlich! Ich liebe es!“ Bis Tom Hanks murmelt: „Man kann es auch auspacken.“

Ein 50. Geburtstag im Mauerpark kann eigentlich gar nicht sein, denn wenn meine FreundInnen plötzlich 50 werden, was macht das dann aus mir? Ach ja, ich vergaß, ich war ja eine Frühblüherin. Bei der Party zum 50. gab es also ein veganes Buffet, was gar nicht so sehr auffiel, nur dass die Bouletten ein wenig komisch schmeckten, aber mit ordentlich Senf machte das nichts. Veganen Nachtisch hatte man sich allerdings gespart, und jetzt möchte ich hier mal in die Runde werfen: Was soll denn auch ein veganes Dessert darstellen? Außer Sorbet?

An Sorbet überfressen

Ich habe mich in diesem Sommer in der Eisdiele an der Graefestraße ein wenig an Sorbet überfressen, obschon das gar nicht gehen kann, weil Sorbet doch den Mageninhalt verkleinert und somit bestens zwischen verschiedenen Gängen eines römischen Festbankett geeignet ist. Ich kann kein Sorbet mehr sehen, vor allem kein Schokoladensorbet. Schokolade ohne Kuhmilch ist wie Jever (ohne) Fun.

Samstag hieß meine Devise folgerichtig: Wer braucht Spätshopping, wenn es Frühschoppen gibt? In Gedenken an die vielen, tollen, komplett zugehängten Bars in US-amerikanischen Großstädten, in denen es schon morgens um 10 Uhr stockduster ist, so dass man sein schlechtes Gewissen überhaupt nicht mehr sehen kann, machten wir bereits mittags ein paar „leichte Sommerweine“ auf. Bis abends ist das ja auch wieder alles weg.

Am Sonntag geht es einem prima, man konnte sich in den Botanischen Garten aufmachen und die „Gummibärchenblume“ suchen, deren gelbe runde Blüten wirklich und wahrhaftig nach Gummibärchen riechen. Sie wächst im Duft- und Tastgarten gleich vis-a-vis zur „Perlagonium x species odorata“. Wonach riecht diese zu den Geraniaceae zählende Blume? Nach Coca-Cola. Wie ein Glas frische Coca-Cola, bevor man den Rum hineingegossen hat. Bass erstaunt mussten wir uns erst einmal ins große Tropenhaus-Café setzen und Sekt trinken.

Um uns herum tranken frisch ondulierte alte Damen ebenfalls Sekt, plauschten angeregt und stocherten in ihren Sachertorten. Um kurz vor 16 Uhr wurden allerdings eifrig Handtaschen zugeschnappt, Hüte mit Hutnadeln festgesteckt und Gebisse gerade gerückt, denn die Palmenführung sollte gleich beginnen. Eine herrliche Möglichkeit, einen Sonntagnachmittag zu verbringen! Da können sowohl der meteorologische als auch der Herbst des Lebens aber so was von kommen.