AUFM PLATZ : Wie beim Handball
OFFENSIVE Ein Stürmer würde dem spanischen Team guttun. Gegen Italien passen die Spanier nur um den Strafraum herum
Groß war die Vorfreude auf die Kicker aus dem Tikitaka-Land, verheißen ihre Auftritte doch immer immensen Fußballspaß. Aber irgendwo klemmte es am Sonntagabend im Spiel gegen die Italiener. In Danzig kam nur ein 1:1 heraus. Xavi Hernández hatte den Grund dafür schnell gefunden: „Das Feld war nicht gut. Die Uefa sollte etwas ändern“, sagte der Mittelfeldstratege. „Es war nicht möglich, unser schnelles Spiel zu spielen.“ Auch Torschütze Cesc Fàbregas und Andres Iniesta bemängelten den Zustand des Platzes. Schwer zu sagen, wo das Problem mit den Halmen lag. Von der Tribüne aus sah der Rasen saftig grün und kurz getrimmt aus.
So kann man das Rasenbashing der Iberer getrost als Ablenkungsmanöver abtun. Die Spanier waren sauer auf sich selbst. Es fehlte ihnen an Durchschlagskraft. Sie versuchten es mit einem 4-3-3-System, mit sechs Mittelfeldspielern und ohne echten Stürmer. In der Dreier-Offensivformation standen Andrés Iniesta (links), Cesc Fàbregas (zentral) und David Silva (rechts). Sie vertrauten darauf, dass sie es mit Spielintelligenz und schnellen kurzen Pässen irgendwie richten würden. Was Iniesta mit dem Ball anstellte, sah auch wunderbar aus. Wie er gleich mehrere Italiener umkurvte, war sehenswert. Doch sein Kollege Silva wirkte gegen die italienischen Abwehrschrate Chiellini, De Rossi und Bonucci wie ein B-Jugendlicher. Vor diesem kleinen lustigen Spanier hatten die italienischen Verteidiger keine Angst.
Spanien ist immer dann überragend, wenn die Passmaschine ohne Stottern läuft und am Ende der Ballstafetten ein Spieler frei vorm Tor auftaucht, der das Ding dann reinmacht. Erwischen sie freilich einen schwächeren Tag, dann entwickelt sich oftmals ein handballartiges Szenario. Spanien kombiniert fröhlich um den Abwehrriegel herum, kann stolz sein auf seinen Ballbesitz, aber im Strafraum wird es nur selten gefährlich. Vielleicht sollten sie es mal mit einem robusten Stoßstürmer versuchen. So einer sitzt mit Fernando Llorente auf der Bank. Fernando Torres brachte in der zweiten Halbzeit zwar viel Dynamik ins teilweise pomadige Spiel, aber er hat offenbar ein mentales Problem: eine Torblockade. Bei zwei Großchancen traf er jeweils die falsche Entscheidung.
MARKUS VÖLKER