AUCH VOR WESTAFRIKA WIRD DIE FLÜCHTLINGSPOLITIK MILITARISIERT : Marinejungs als Menschenfänger
Die Militärintervention in der Demokratischen Republik Kongo bleibt kein Einzelfall europäischer Militärpräsenz in Afrika. Eine „schnelle Eingreiftruppe“ der EU soll Westafrikas Küste abriegeln, damit dort nicht immer mehr Migranten in See stechen. Bis hinunter nach Gambia und Senegal sollen sie patrouillieren.
Europäische Schnellboote vor Westafrikas Küste? An Zynismus ist das kaum zu überbieten. Es ist gar nicht so lange her, da erbaten die gleichen Länder vergeblich Hilfe aus Europa, um das illegale Treiben asiatischer und europäischer Fangflotten in ihren Hoheitsgewässern zu unterbinden und den Ruin der eigenen Fischerei zu verhindern. Die EU fühlte sich nicht zuständig. Viele Fischer in Ländern wie Senegal wurden arbeitslos, Westafrikas Meere werden weiter leer geplündert. Aber wenn die Bewohner der Küstenstädte selbst in die Weite des Atlantiks aufbrechen, dann stellt sich ihnen die vereinte europäische Marine in den Weg.
Die europäische Außenpolitik in Krisenregionen besteht erneut darin, Geld gegen politisches Wohlwollen zu versprechen. Afrika wird wieder in die Rolle des Bittstellers und Erfüllungsgehilfen gedrängt. Mehr Investitionen in Afrika verspricht Europas neue Afrikastrategie, die nach den Flüchtlingsdramen von Ceuta und Melilla im letzten Herbst beschlossen wurde – im Gegenzug sollen die Regierungen Afrikas ihre Bürger ruhig halten.
Werden Senegalesen und Malier jetzt den Appellen ihrer Führer folgen, Europa vergessen und auf ihre trockenen Savannenäcker zurückkehren, die akut von der globalen Erderwärmung bedroht sind? Werden die Afrikaner einsehen, dass sie ihr Handeln gefälligst an den Bedürfnissen Europas auszurichten haben? Man muss wohl EU-Kommissar sein, um das zu glauben. Und die EU-Truppen, die demnächst im brodelnden Kongo Einschüchterung üben sollen, können froh sein, wenn man ihnen nicht ähnlich egoistische Motive unterstellt. Die deutschen Politiker, die die Kongo-Mission mit dem afrikanischen Migrationsdruck rechtfertigen, sollten darauf achten, dass ihnen in Afrika bloß keiner zuhört. DOMINIC JOHNSON