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Archiv-Artikel

ARD und ZDF sind nur noch im akademischen Sinne staatsfern Politisches Politiker-Fernsehen

Hatten wir doch alles schon: Ein Intendant macht sich Luft und erklärt, amtierende PolitikerInnen hätten in den Aufsichtsgremien des staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunks eigentlich nichts mehr verloren. Worauf die Politik selbstgefällig zurücktönt und unter Pochen auf die Staatsverträge das Gegenteil behauptet.

Natürlich hat NDR-Chef Jobst Plog Recht, wenn er den vollständigen Rückzug der Amtsträger fordert. Denn zum einen vertreten Politiker in den Gremien zu oft schnöde Parteiinteressen. Oder sie dienen als Instrumente einer ebenfalls von höherer Warte gesteuerten Medienpolitik. Doch Plogs Initiative ist in Wirklichkeit rein kurzfristig gemeint: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will den Einfluss seiner Landesregierung beim NDR erhöhen. Das ist so kühn wie unsinnig, zum Glück dumm eingefädelt und dürfte durch die Plog’sche Breitseite vom Tisch sein.

Damit verschwindet aber das Interesse am Problem an sich. ARD und ZDF sind in einem höchst akademischen Sinne vielleicht noch staatsfern, aber alles andere als unabhängig von den PolitikerInnen in ihren Gremien. Die Debatte um die öffentlich-rechtliche Strukturreform und der Wulff-Vorstoß zeigen dies in aller Deutlichkeit.

Daran ändert nichts, dass einige PolitikerInnen – wie Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) – Plogs Forderungen unterstützen. Auch Simonis will die Interessen von Schleswig-Holstein in der Mehrländeranstalt NDR gegen die Expanisonsgelüste von Niedersachsen-Wulff sichern.

Wie man seine Schäfchen ins Trockene bringt und sich dabei gleichzeitig als mutiger Reformer des Systems und als Garant der öffentlich-rechtlichen Staatsferne inszeniert, zeigt Wolfgang Clement (SPD). Der hatte 2001 als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident beim ZDF seinen Sitz im Verwaltungsrat der Anstalt demonstrativ niedergelegt und für einen Politikerrückzug getrommelt – und gleichzeitig seine Medien-Staatssekretärin Miriam Meckel im ZDF-Fernsehrat installiert. Als staatsferne Vertreterin auf dem Ticket der NRW-Filmstiftung, versteht sich. STEFFEN GRIMBERG