ARD UND ZDF LASSEN SICH AUSNAHMSWEISE MAL NICHT ÜBERTÖLPELN : Fernsehfußball lohnt sich nicht
Wenn alljährlich die Statistik der zuschauerstärksten TV-Sendungen veröffentlicht wird, gehören mindestens zwei Drittel der vorderen zehn Plätze dem Sport. Genauer gesagt, den Liveübertragungen von Fußballspielen unter Beteiligung der deutschen Herren-Nationalelf. Dazwischen verirrt sich höchstens mal „Wetten, dass …?“, der „RTL Dominoday“ oder – in Krisenzeiten – ein „ARD-Brennpunkt“.
Also müsste mit Fernsehfußball doch Staat zu machen sein. Aber die Schweizer Sportrechteagentur Infront, die die TV-Rechte an der Fußball-WM 2006 an die Sender zu bringen versucht, erfährt soeben das Gegenteil. Zwar hatten ARD und ZDF mit der Übertragung der Fußball-WM 2002 auch eine weitgehende Option für die Spiele 2006 mitgekauft. Doch nun haben die Öffentlich-Rechtlichen nur ein Angebot für 24 der insgesamt 64 Partien abgegeben. Die Strategie ist klar: Abwarten und Infront am langen Arm aushungern, bis die Agentur die Preise senkt. Denn dass Privatsender wie RTL oder Sat.1 wieder in den Fußballpoker einsteigen und ARD und ZDF überbieten, ist unrealistisch. Marktführer RTL trennte sich jüngst erst leichten Herzens von der Champions League, da deren Kosten durch Werbung nicht mehr zu refinanzieren waren. Sie läuft jetzt bei Sat.1.
Dass spannende Begegnungen wie Kamerun gegen Brasilien oder England gegen Spanien in zwei Jahren unter Ausschluss der deutschen Free-TV-Öffentlichkeit stattfinden, muss aber niemand ernsthaft befürchten. Die Kosten für die WM-Rechte sind für ARD und ZDF ein viel zu gutes Argument in der allgegenwärtigen Debatte um die geplante Erhöhung der Rundfunkgebühren. Wenn es ihnen jetzt noch gelingt, Infront im Preis zu drücken, wären das gleich drei Siege: Das Gebührenargument bliebe erhalten. Gleichzeitig demonstrierte man Sparwillen. Und räumte drittens endlich mit der öffentlichen Wahrnehmung auf, die Öffentlich-Rechtlichen ließen sich bei solchen Sportverhandlungen stets plump und zum Schaden des Gebührenzahlers über den Tisch ziehen.
STEFFEN GRIMBERG