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Archiv-Artikel

ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT Guido, Christian und Roger

Wie viele FDP-Mitglieder braucht man, um eine Glühbirne einzuschrauben? Keins. Das regelt der Markt!“

An FDP-Witzen herrscht derzeit kein Mangel. Stefan Gärtner und Oliver Nagel brachten gerade „Guido außer Rand und Band. Die offizielle Biografie“ (Rowohlt Berlin, 2010) heraus. Das Satirebuch der zwei früheren Titanic-Redakteure erschien pünktlich zu der Wahl in Nordrhein-Westfalen, bei der die FDP im Vergleich zur letzten Bundestagswahl ihr Potenzial halbierte.

In der Fernsehrunde bei Anne Will nahm nach der Wahl am Sonntagabend als Experte mit Roger Köppel auch ein freidemokratischer Rechtsausleger Platz. Im Unterschied zum ebenfalls eingeladenen FDP-Generalsekretär Christian Lindner trägt der Schweizer Köppel keine direkte politische Verantwortung. Als Chef der Schweizer Wochenzeitung Die Weltwoche kann er frei von der Leber weg gegen den Wohlfahrtsstaat und das „Lügengebilde Europa“ polemisieren. Auch wenn ihn das was kostet, wie bei der Weltwoche, die seit seiner Übernahme und mit dem neurechten Kurs die Hälfte ihrer Auflage verlor. Das ist die Freiheit des Unternehmers. Und die ist eine andere als die des Politikers in Demokratien, die, auch wenn sie deutsche Freidemokraten sind, auf die mehrheitliche Zustimmung der Wähler angewiesen sind.

Und so geriert sich Köppel als freigeistiger Outsider, als Leistungs-Schweizer, der nicht eingebunden sei in ein System, das nach ihm doch bitte verrecken könne. Da staunen die Westerwelles und Lindners nicht schlecht, gerade abgestraft für marktradikale Phrasen, die fürs Regierungshandeln nichts taugen. „Firmen die nicht zahlen können, müssen untergehen. Staaten, die kein Geld mehr haben, dürfen nicht gerettet werden“, ruft ihnen der ultraliberale Köppel zu. „Der Sozialismus war der staatlich gesteuerte Versuch, die Kostenwahrheit außer Kraft zu setzen. Die Europäische Union geht genau diesen verhängnisvollen Weg.“ Köppel klingt wie ein extrem zeitverzögertes Echo aus Guidos freidemokratischer Oppositionszeit.

Näher am banalen Jetzt die Titanic-Autoren: „Wie kriegt man Leben in einen öden FDP-Parteitag? Man geht durch den Saal und ruft: Steuerfahndung!“

Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort dieser Zeitung