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ANC fordert weiterhin Früchteboykott und Sanktionen

Johannesburg (afp) — Mit der Abschaffung des Erfassungsgesetzes hat das südafrikanische Parlament am Montag juristisch den letzten Pfeiler der Apartheid beseitigt. Viele Schwarze messen aber dem Parlamentsbeschluß keine große Bedeutung bei, da sich ihre Lebensbedingungen dadurch kaum ändern. In der Entbindungsabteilung des gemischtrassigen Krankenhauses von Johannesburg herrschte gestern keineswegs Euphorie über die Abschaffung des Gesetzes, nach dem Neugeborene nicht mehr nach Rassen getrennt erfaßt werden. Für Rose Nzimande, die ihr viertes Kind zur Welt brachte, zählt nicht so sehr die Registrierung ihres Babys. Wichtig ist für sie vielmehr das Einkommen, mit dem sie ihnen ein besseres Leben ermöglichen kann. „Was ich brauche, ist ein höherer Lohn“, erklärte die Mutter.

Die Skepsis der Schwarzen scheint berechtigt zu sein, da auch das Erfassungsgesetz zunächst noch in Kraft bleiben soll. Die Wählerverzeichnisse beruhen auf dieser Einteilung nach Rassen. Ihre — vom ANC geforderte — sofortige Abschaffung würde nach Angaben aus Regierungskreisen Wahlen in nächster Zeit unmöglich machen. Auch die Behörden greifen aus organisatorischen Gründen weiterhin auf die Rasseneinteilung zurück. Die Schwarzen sind außerdem weiterhin nicht im Dreikammerparlament vertreten, das sich aus Vertretern der Weißen, Mischlinge und der aus Indien stammenden Südafrikaner zusammensetzt. Erst eine neue Verfassung, mit der nach Angaben von Präsident Frederik de Klerk in einigen Jahren zu rechnen ist, kann hier Abhilfe schaffen. Die Schwarzenbewegung Afrikanischer Nationalkongreß (ANC) forderte am Montag erneut die Abschaffung des Dreikammerparlaments und die Bildung einer Übergangsregierung, an der auch Schwarze beteiligt sein sollen. Ebenso wie der ANC plädierte der weiße südafrikanische Theologe Christian F. Beyers Naude anläßlich eines Besuchs in Deutschland für eine Beibehaltung der Wirtschaftssanktionen und des Früchteboykotts, da sonst der Prozeß grundsätzlicher Veränderungen nicht weitergehe.

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