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Archiv-Artikel

3.000 ANSCHLÄGE AUF DIE KOALITION (9): PETER BARGFREDE FORDERT, DASS BREMEN MIT SEINEN BIO-STADT-PLÄNEN ERNST MACHT Mehr Ökologie wagen!

Peter Bargfrede

■ Sprecher des Agrarpolitischen Bündnisses Bremen, dem neben dem Verein Sozialökologie die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft, BUND, Brot für die Welt, Pro Vieh, Verbraucher An-Stiftung, Slow Food, Ökomarkt, der Agrarpolitische Arbeitskreis Verden und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft angehören. Es versucht, Bremen per Bürgerantrag zur Abkehr von agrarindustriellen Produkten zu bewegen.

Angesichts von Arbeitslosigkeit und hoher Armut scheinen ökologische Themen bei den Koalitionsverhandlungen für die Bremer SPD höchstens dann relevant, wenn sie etwas mit arbeitsplatzschaffenden Projekten zu tun haben: Sie werden als „Luxus“ betrachtet. Aber auch bei Bündnis 90/Die Grünen gibt es Anlass zur Befürchtung, dass wichtige ökologische Herausforderungen und Projekte in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu kurz kommen und nicht Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen werden könnten.

Dabei hat Bremen als Großverbraucher eine große Verantwortung für eine gesunde, ökologisch verträgliche Ernährung der Menschen in kommunalen Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Mensen und Kantinen. Die Stadt kann über eine verstärkte Nachfrage nach Bio-Produkten aus der Region bisher konventionell wirtschaftende Landwirte ermutigen, auf den umweltschonenden Öko-Landbau umzusteigen. Sie kann so den gesundheitsgefährdenden Einsatz von Pestiziden und Antibiotika vermindern, das Trinkwasser vor Nitraten schützen, die Risiken der Gentechnik vermeiden und die Massentierhaltung zurückdrängen.

Das Agrarpolitische Bündnis fordert daher, das im letzten Jahr beschlossene Projekt „Bio-Stadt Bremen“ fortzusetzen und so finanziell auszustatten, dass es wirklich zu einer Ernährungswende in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung kommt. Wir erwarten, dass beide Parteien Vorgaben für den Einsatz von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen zustimmen und das Ziel von 50 Prozent Bio-Anteil in fünf Jahren in Kita- und Schulküchen als festen Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen festschreiben. Ebenso muss zu den Zielen einer Bio-Stadt Bremen gehören, den Anteil des ökologischen Landbaus von jetzt 10 auf mindestens 20 Prozent bis 2020 zu verdoppeln.

Verhandlungssachen

■ Die Nachwahlrangeleien haben die Programme verflüssigt: Es tauchen Pläne auf, Ideen werden konkretisiert und Vorhaben benannt, von denen vor dem 10. Mai noch nicht die Rede war. So wollen die designierten Koalitionäre ihre Profile schärfen. Die Gastkommentar-Serie der taz hilft Grünen und SPD dabei: Hier bündeln AkteurInnen der Zivilgesellschaft ihre Forderungen in Texten von je 3.000 Anschlägen.

■ Heute: Peter Bargfrede vom Agrarpolitischen Bündnis Bremen

Ein besonderes Anliegen sind uns die mit dem Fleischkonsum aus der Massentierhaltung verbundenen Risiken: Der neue Senat muss einen Aktionsplan aufstellen, um binnen fünf Jahren in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung komplett auf Billigfleisch verzichten zu können. Denn die Folgen der Massentierhaltung sind nicht mehr zu verantworten: Der rasante Anstieg von Antibiotika-Resistenzen, verursacht auch durch den intensiven Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung, hat es bereits auf die Agenda des G7-Gipfels geschafft. Selbst nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Gröhe hat dieses Problem „ein ähnlich verheerendes Potenzial wie der Klimawandel“. Aber auch erhöhte Nitratbelastungen des Grundwassers und ein gesteigerter Einsatz von Gentechnik und Pestiziden stellen bedenkliche Auswirkungen der intensiven Tierhaltung dar, ebenso wie das sogenannte Landgrabbing, denn für das Futter der Tiere aus Massentierhaltung werden in den Ländern des globalen Südens große Flächen gerodet, die den Menschen dort dann nicht mehr für ihre Ernährung zur Verfügung stehen. Damit trägt die Massentierhaltung auch zu Hunger in diesen Ländern bei.