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Archiv-Artikel

Lagerzwang kostet Bayern Millionen

ASYL In einem Gutachten stellt der Bayerische Flüchtlingsrat fest, dass die umstrittenen Asyllager im Freistaat jährlich Extrakosten von 13,6 Millionen Euro verursachen – Wohnungen wären demnach billiger

MÜNCHEN taz | Würden alle bayerischen Asylbewerber in staatlich finanzierten Wohnungen leben statt in Lagern, würde das jedes Jahr 13,6 Millionen Euro einsparen. Das zeigt ein 15-seitiges Gutachten des Bayerischen Flüchtlingsrates, das am heutigen Dienstag vorgestellt wird.

Kein anderes Bundesland lässt Flüchtlinge unter so erbärmlichen Bedingungen leben wie Bayern. Per Gesetz sind die Asylbewerber verpflichtet, in Sammelunterkünften zu leben. Im Durchschnitt bleiben sie dort drei Jahre. Die hygienischen Bedingungen in den Lagern sind miserabel, die Zimmer klein, täglich drohen Schikanen der Heimleiter. Die Opposition und die FDP wollen den Heimzwang schon seit Monaten lockern. Doch bislang blockiert die Mehrheit der CSU die nötigen Reformen. Dort bangt man um das jahrelang gepflegte Hardliner-Image.

Daran könnten nun die nüchternen Berechnungen des Flüchtlingsrats rütteln. Penibel vergleicht das Gutachten, das der taz vorliegt, die geschätzten Kosten für die Lagerunterbringung mit den jeweils geltenden Mietobergrenzen für Hartz-IV-Empfänger. Der unwürdige Lagerzwang kostet die bayerischen Steuerzahler jährlich Millionen. Allein im zweitgrößten bayerischen Asyllager in Neuburg an der Donau ließen sich nach Flüchtlingsrat-Berechnungen jedes Jahr 810.120 Euro sparen, würde man die Flüchtlinge in Wohnungen unterbringen. „In Zeiten klammer Haushalte wäre es doch mal sinnvoll, dieses strukturelle Einsparpotenzial zu nutzen“, meint Alexander Thal vom Flüchtlingsrat süffisant. „Mit allen humanitären Argumenten haben wir uns bislang nicht durchsetzen können.“

Doch die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer überzeugen auch Spar-Argumente nicht. „Herr Thal vom Flüchtingsrat betreibt Volksverdummung im ganz großen Stil“, keilt sie am Montag zurück. Die Privatwohnung sei für den Steuerzahler immer teurer als die Lagerunterbringung. Laut Ministerium kostet die Unterkunft für jeden Flüchtling in Bayern derzeit 238 Euro im Monat. Der Flüchtlingsrat hält diese Zahl für schöngerechnet. Dort schätzt man die tatsächlichen Kosten auf 400 Euro. Kosten für den Wachdienst oder den Unterhalt der Lager seien in der Zahl des Ministeriums nicht enthalten.

BERNHARD HÜBNER