HAMBURGER SZENE VON KATHARINA SCHIPKOWSKI
: Vertrauen ist gut, Konfetti ist besser

Ein Aktivist mit Affenmaske nickt beschwichtigend. In der Hand hält er eine Banane

Die AktivistInnen des „Kollektiven Zentrums“ (Koze) haben sich in Schale geworfen: Einer hat ein dunkelrotes Abendkleid über sein blaukariertes Hemd gezogen, Perlen glitzern auf der Brust. Ein anderer trägt Jackett zu seiner Hasskappe. Eine Aktivistin raucht eine Zigarette durch ein rotes Tuch, das ihren Mund verdeckt.

Das Koze nutzt seit vergangenem Herbst Räume der ehemaligen Kita an der Norderstraße im Münzviertel. Eigentlich durften sie nur im Erdgeschoss sein, als es dort zu eng wurde, haben sie leerstehende Räume in den oberen Etagen genommen. Zum Ärger des Vermieters.

Am Montagmorgen nun erwartet das Koze Gäste. Der Vermieter hat sich angekündigt, ebenso der zukünftige Investor, der das Gebäude abreißen will und einen Neubau mit Sozialwohnungen und 400 Studentenapartements plant, und einige Fachkundige, die ein Schadstoffgutachten erstellen sollen. „Vertrauensbildende Maßnahme“ nennt das Bezirksamt diese Begehung.

Um kurz nach neun Uhr stehen die ersten Gäste vor verschlossenem Tor. Erst als sie vollzählig sind, dürfen sie rein und bekommen alle jemanden vom Koze an die Seite: vorbildliche Eins-zu-eins-Betreuung. „Drinnen müssen mein Kollege und ich aber zusammenbleiben“, sagt die Frau von der Finanzbehörde noch durch die Gitterstäbe, bevor sie hinein stöckelt. Ein Koze-Aktivist mit einer Affenmaske auf dem Kopf nickt ihr beschwichtigend zu. In der Hand hält eine Banane wie einen Revolver.

Im Flur regnet es Konfetti. Luftschlangen fliegen, auf dem Boden zischt eine Nebelmaschine. „Herzlich Willkommen!“, rufen die Verkleideten, zünden Tischfeuerwerke, pusten in Partytröten. Dann skandieren sie: „Kein Tag ohne Kollektives Zentrum!“ Mittendrin steht der Investor Dietrich Lothar Eugen von Stemm, guckt streng unter seiner weißen Schirmmütze hervor und schweigt. „Können wir weitergehen?“, fragt sein Begleiter ihn nach einer Weile. „Bisschen eng hier, nä?!“, johlt ein Aktivist. „Wir brauchen mehr Platz!“

Die SchadstoffexpertInnen klopfen die Wände ab und leuchten mit Taschenlampen in Lüftungsschächte. Aus einem Lautsprecher tönt Klassik. Die Besucher schauen sich Küche, Obergeschoss und Keller an, dann sind sie auch schon wieder draußen. Die AktivistInnen schließen das Tor hinter ihnen ab. Ruhe kehrt ein.