Vom eigenen Erfolg gefressen

INKLUSION Es bleibt unklar, wie viel Geld Berlin der behindertengerechte Ausbau der Schulen kostet. Eine schlechte Ausgangsposition für Senatorin Scheeres (SPD) in den Haushaltsverhandlungen

Immer mehr Berliner Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden in ganz normalen Regelschulen unterrichtet. Waren es 2009 noch 42,5 Prozent, sind es fünf Jahre später schon knapp 59 Prozent. Das ist die gute Nachricht zum Stand der sonderpädagogischen Förderung, die am Donnerstag Thema im Abgeordnetenhaus war. Die schlechte Nachricht ist: Dem Vorhaben Inklusion wächst der eigene Erfolg über den Kopf.

So ist vor den ersten Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2015/16 im September noch immer völlig unklar, wie viel es tatsächlich kosten wird, die Berliner Schulen rollstuhlgerecht auszubauen. Zwar hat die Senatsbildungsverwaltung inzwischen alle Schulen in Kategorien einsortiert, die einen Anhaltspunkt geben sollen, wie weit es jeweils schon mit der Barrierefreiheit gediehen ist – und auch flugs den Mittelwert von 650.000 Euro errechnet, den jede Schule mindestens bräuchte, um rollstuhlgerecht zu werden. Doch dieser Mittelwert dürfte für viele Schulen eben nicht reichen. Zudem ließ sich ein Großteil der Schulen gar nicht in eine der Kategorien einordnen.

Grund für die schwache Datenlage seien vor allem fehlende Rückmeldungen aus den Bezirken, suchte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) die Verantwortung weiterzureichen.

„Es ist unklar, wie sie damit in die Haushaltsverhandlungen gehen wollen“, kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Regine Kittler die Datenlage. „Das heißt, dass Inklusion im nächsten Jahr nicht stattfinden wird.“

Selbst vom Koalitionspartner CDU kam Kritik: „Der Finanzsenator wird sich sicher nur auf Kostenforderungen einlassen, wenn er die konkreten Zahlen kennt“, sagte Ausschussmitglied Stefan Schlede. Im Übrigen rechne er hier „frühestens im Sommer 2016“ mit Ergebnissen.

Ebenfalls unklar blieb am Donnerstag, wie es mit dem Ausbau von Regelschulen zu inklusiven Schwerpunktschulen weitergehen soll – die wären nicht nur rollstuhlgerecht, sondern auch mit Behindertenleitsystemen und barrierefreien Außenanlagen ausgestattet. Kostenpunkt: bis zu 1,8 Millionen Euro pro Standort. Wo die genau sein sollen: unklar. „Wir werden sehen, was mit welchen Schulen möglich ist“, sagte Scheeres lapidar mit Blick auf die Verhandlungen mit dem Finanzsenator. Womöglich nicht allzu viel. ANNA KLÖPPER