: Was Gipfelgegner wissen müssen
SERVICE Ein „Gipfel der Alternativen“, eine angebliche Mammutdemonstration in München, unübersichtliche Protestaktionen rund um Elmau – wie werden die Anti-G-7-Proteste? Eine Übersicht
BERLIN taz | Am heutigen Mittwoch beginnen die Proteste gegen den am Sonntag anstehenden G-7-Gipfel in Elmau. Welche Veranstaltungen tatsächlich und mit wie vielen Teilnehmern stattfinden, bleibt aber unklar: Zwar hob das Verwaltungsgericht München das Verbot eines Protestcamps in Garmisch-Partenkirchen auf – aber die Gipfelgegner machen sich weiterhin gegenseitig Konkurrenz.
Mit einem „Gipfel der Alternativen“ will ein Trägerkreis linker Gruppen ab Mittwoch in München die G-7-Staatschefs inhaltlich flankieren. Dort wollen die Globalisierungskritiker unter anderem über nachhaltige Klimapolitik und das Freihandelsabkommen TTIP diskutieren. Zu den Gästen zählt der frühere UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler.
Für Ärger in aktivistischen Kreisen sorgt vor allem eine Entscheidung der niedersächsischen Organisation Campact und einiger Verbündeter wie die bayrischen Grünen, Oxfam Deutschland oder die Naturfreunde. Diese rufen unter dem Stichwort G-7-Demo für Donnerstag um 14 Uhr zu einer Großkundgebung in München auf. Motto: „TTIP stoppen, Klima retten, Armut bekämpfen“. Die Veranstalter hatten diesen Ort gewählt, weil sie auf bundesweite Beteiligung hofften. Bisher allerdings heißt es unter den Organisatoren, die Busmobilisierung laufe „katastrophal“.
Verärgert über den Alleingang von Campact und Co sind vor allem die Aktivisten, die ab Freitag rund um Elmau protestieren wollen. In einer Stellungnahme einer Stuttgarter Gruppe ist die Rede von einem „nur halbwegs kaschierten Spaltungsversuch der Proteste“. Bei der Frage, wer die meisten Demonstranten anzieht, geht es nicht nur um politische Motive. Wesentlich für ihre politische Arbeit ist für die Organisatoren auch der Rücklauf an Spendengeldern zur Organisation der Proteste. Im Bündnis rund um Elmau gibt es nun Befürchtungen, dass durch den Donnerstagstermin in München ein Großteil der Spenden vor allem an die ohnehin schon großen Organisationen geht.
Rund um Elmau sollen dagegen ab Freitag Proteste stattfinden, beginnend mit einer Dauerkundgebung am Bahnhof Garmisch-Partenkirchen und einem Abendplenum für angereiste Demonstranten. Für Samstag sind dann verschiedene Kundgebungen geplant, unter anderem eine zentrale Großdemonstration ab 14 Uhr. Am Sonntag wollen die Demonstranten mit einem Sternmarsch über verschiedene Routen zum Tagungsort aufbrechen, teils mit kinderfreundlichen Demos, teils mit angekündigten Blockaden. Weite Teile dieses Sternmarsches wurden jedoch von den Behörden verboten. Auch ob und wie ein geplantes Protestcamp stattfinden kann, ist juristisch noch umkämpft.
Interessant ist übrigens der Umgang der Polizei mit Zahlen. Üblicherweise hält sie sich im Vorfeld von Demonstrationen mit Schätzungen zurück. In Bayern geben die Behörden dagegen diesmal offensiv eigene Zahlen heraus, die die Schätzungen der Veranstalter bei Weitem übersteigen. Für die Münchendemo etwa rechnen diese mit 15.000 Demonstranten – die Polizei schätzt 35.000. Rund um Elmau erwarten die Behörden 10.000 Demonstranten – die Organisatoren einige Tausend.
Unterdessen bereitet sich die bayerische Justiz auf zahlreiche Festnahmen vor: mit 100 Bereitschaftsrichtern und zusätzlichen Gefängniscontainern. Dabei wurde auch an die Kleinen gedacht: Für die Betreuung von Kindern festgenommener Demonstranten stünden ebenfalls Räume zur Verfügung, berichtet eine Lokalzeitung aus Garmisch-Partenkirchen. MARTIN KAUL
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