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Archiv-Artikel

Wo Nichtöffentlichkeit auch mal was Gutes hat

PARLAMENT Petitionsausschuss arbeitet erfolgreich parteiübergreifend – weil man unter sich ist

„Einzelne Bezirksämter nehmen uns offenbar nicht ernst“

AUSSCHUSSCHEF ANDREAS KUGLER

Das Abgeordnetenhaus hat ständige Ausschüsse, Sonderausschüsse, Untersuchungsausschüsse, Enquetekommissionen – doch in keinem arbeiteten die Parlamentarier so nah an ihren Wählern wie in einem: Im Petitionsausschuss, an den sich Bürger bei Problemen mit der Verwaltung oder landeseigenen Unternehmen wenden können, geht es um ganz praktische Probleme statt ideologischer Grabenkämpfe. Das und etwas anderes sorgen dafür, dass hier Linke und Konservative erfolgreich ohne selbstdarstellerische Debatten zusammenarbeiten: „Es fehlt das Publikum“, sagt die CDU-Abgeordnete – der Ausschuss tagt nicht öffentlich.

1.641 neue Anliegen bekam der Petitionsausschuss vergangenes Jahr auf den Tisch, 39 Mal tagte er, weit öfter als jeder andere Ausschuss. Dem Jahresbericht zufolge, den Ausschusschef Andreas Kugler (SPD) am Mittwoch Journalisten vorstellte, konnten die Abgeordneten in fast jedem vierten Fall etwas im Sinne des Antragstellers erreichen.

Schwerpunkt der Anliegen sind mit deutlichem Abstand Soziales und Ausländerrecht sowie Einbürgerungen. Eine Bitte um Hilfe gab es aber auch wegen einer ausgedünnten BVG-Busverbindung zu Lasten von Schülern. Vom Petitionsausschuss angesprochen, sagte die BVG daraufhin immerhin für die Morgenstunden einen 10-Minuten-Takt zu. In einem anderen Fall versuchen die Ausschussmitglieder derzeit, ihre jeweilige Fraktionen davon zu überzeugen, Geld lockerzumachen, um ein Gebiet mit zahlreichen Senioren und Behinderten wieder mit einer Buslinie anzubinden.

Individueller sind Fälle wie der eines Mannes, der sich durch einen Fremdfehler um einen Platz in einer Bezirksmusikschule gebracht sah und sich auf einer Warteliste hinter 300 anderen Bewerbern wiederfand. Hier konnte der Ausschuss das Bezirksamt zum Einlenken bringen.

Das klappt aber nicht immer: „Wir müssen feststellen, dass uns einzelne Bezirksämter offenbar nicht ernst nehmen“, kritisierte Ausschusschef Kugler. Konkret nannte er Marzahn-Hellersdorf und Mitte. STEFAN ALBERTI

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