: Haft für die Whistleblowerin
ENTWICKLUNGSHILFE Brigitte Fuzellier, Exchefin des Kolpingwerks Paraguay, soll für 18 Monate ins Gefängnis. Jetzt beantragt sie Asyl in Frankreich und beklagt die fehlende Hilfe der deutschen Botschaft
BUENOS AIRES taz | Brigitte Fuzellier droht die sofortige Inhaftierung. Paraguays Oberste Richter verurteilten die ehemalige Geschäftsführerin der Kolpingstiftung Paraguay zu 18 Monaten Gefängnis. Jetzt stellte sie in der französischen Botschaft in Asunción einen Asylantrag.
Das Kolpingwerk ist seit einigen Jahren in der öffentlichen Diskussion, nachdem Fuzellier Korruptionsvorwürfe gegen ihre Amtsvorgänger in der Kolpingstiftung Paraguay erhoben hatte. So sollen zwischen 2002 und 2007 bei dem Neubau eines Stiftungshauses über 1 Million Dollar deutsche und europäische Entwicklungsgelder hinterzogen und durch gefälschte Schecks Zahlungen fingiert worden sein. Vom deutschen Entwicklungsministerium (BMZ) und der EU hatte die Kolpingstiftung bis 2007 rund 1,4 Millionen Euro bekommen. Nach einer BMZ-Prüfung musste Kolping Deutschland 241.000 Euro an die Bundesregierung zurückzahlen.
Der Prüfungsbericht ist bis heute Verschlusssache. Hans Drolshagen, seinerzeit Geschäftsführer bei der Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerks (SEK), erklärte, es habe keine Korruption beim Kolpingwerk gegeben. Fuzellier beschuldigt das SEK, den Fall zu verschleppen und selbst an der Korruption beteiligt gewesen zu sein. Im November 2009 erstattete sie gegen seinerzeit führende Angestellte Strafanzeige.
Ende September 2010 wurde Fuzellier nach einer Entscheidung des Vorstands der Kolpingstiftung Paraguay über Nacht fristlos entlassen. Am selben Tag wurde Olaf von Brandenstein als ihr Nachfolger ernannt.
Anstatt die Aufklärung der Vorwürfe voranzutreiben, brachte von Brandenstein ein Verfahren wegen Verleumdung auf den Weg. Das Gericht verurteilte Fuzellier 2013 zu einer Haftstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Im März 2015 scheiterte ihre Berufung. Die Obersten Richter erhöhten sogar das Strafmaß, indem sie die 18-monatige Gefängnisstrafe bestätigten, aber die Bewährung strichen. Von der deutschen Botschaft ist Fuzellier enttäuscht. Auch deshalb wandte sie sich jetzt an den französischen Botschafter. JÜRGEN VOGT