: „Die Weser ist noch nicht tot“
VORTRAG Die Konsequenzen der drohenden Weservertiefung für die Fische werden analysiert
■ ist Professor für Angewandte Fisch- und Gewässerökologie an der Hochschule Bremen.
taz: Herr Brunken, die Weser wird schon seit 1880 schrittweise vertieft. Ist es nicht eh schon egal, ob sie jetzt noch mal vertieft wird?
Heiko Brunken: Wir haben in der Weser momentan aufgrund einer akzeptablen Wasserqualität noch eine nennenswerte Fischfauna. Die ist weit entfernt von dem, was da mal gewesen ist. Aber sie hat noch gewisse Restqualitäten. Und die stehen jetzt auf dem Spiel. Der Weser geht es schlecht, aber sie ist – anders als die Ems – noch nicht tot. Das ist ein feiner Unterschied. Auf dem niedrigen Niveau, auf dem sich das jetzt bewegt, kann man es stabilisieren, und – zugegeben: mit großen Aufwand – auch einiges wieder verbessern. Auch die Nebengewässer der Weser sind betroffen, etwa der Unterlauf der Wümme: Da fallen Flachwassergebiete trocken, die vorher nicht trocken gefallen sind, da fallen Laich- und Aufzugsgebiete für Jungfische weg.
Anders als es der Vortragstitel „Fische gegen Frachter“ vermuten lässt, ist das Kernproblem der steigende Tidenhub und die schnellere Strömung, oder?
Genau. Die Frachter tun den Fischen so wenig wie umgekehrt. Das größte Problem ist der Verlust von Flachwasserbereichen. Früher hatte der Tidenhub in Bremen Dimensionen von einigen wenigen Dezimetern – jetzt sind es 4,20 Meter. Die Jungfische und Larven sind auf beruhigte Flachwasserzonen angewiesen – die sind aber kaum noch vorhanden, und verschlicken zunehmend. Und Strömungsgeschwindigkeiten von zwei Metern pro Sekunde hält keine Fischlarve aus.
Was gab’s hier früher für Fische, die es jetzt nicht mehr gibt?
Den großen Stör etwa, der mittlerweile weltweit fast ausgestorben ist, aber auch Nordseeschnäpel kamen früher hier in großen Mengen vor.
Die EU fordert indes eine Verbesserung der Flüsse ...
Die Wasserrahmenrichtlinie verlangt das, ja! Von dem, was man dort ein „gutes ökologisches Potenzial“ nennt, sind wir in der Weser noch weit entfernt.
INTERVIEW: JAN ZIER
17.30 Uhr, Neustadtswall 27b, UB-Gebäude, Hansewasser-Hörsaal