Für das Wohl des deutschen Tieres

BÜRGERSCHAFTSWAHL Unverzagt im Kampf gegen die Fünfprozenthürde: die „Sonstigen“. Welche Asse die Kleinparteien im Ärmel haben, verrät die taz.bremen-Programmvorschau. Teil 3: Die Tierschutzpartei

Die MUT-Wahlplakate sehen mehr nach fröhlich-naiver Bürger-Ini aus als nach einer Partei, die es bereits seit 22 Jahren gibt: „Stoppt A.I.D.S.“ steht auf einem, wobei die Abkürzung für „Aggressive Intolerante Deutsche und Salafisten“ steht. MUT wiederum steht für „Partei Mensch Umwelt Tierschutz“, landläufig besser bekannt als „Tierschutzpartei“, und die trägt als Erkennungsmerkmal einen Regenbogen.

Punkt eins des MUT-Grundsatzprogramms widmet sich der „Tierschutz- und Tierrechtspolitik.“ Und Recht hat die kleine Partei – 1.200 Mitglieder hat sie bundesweit, anderthalb Prozent bekam sie bei der Europawahl, drei KandidatInnen treten jetzt für Bremerhaven und zwei für Bremen an – wenn sie anprangert, dass Tierversuche unnütz, Massentier-, Zirkustier- und Zootierhaltung Quälerei und zu viel Fleisch schlichtweg ungesund sind. Niedlich-befremdlich muten freilich Forderungen oder „Empfehlungen“ wie die an, Babies fleischfrei oder direkt vegan zu ernähren, per Gesetz allen MieterInnen zu erlauben, Haustiere zu halten oder die Hundesteuer abzuschaffen.

Der Mensch indes „muss wieder lernen, dass er für seinen Gesundheitszustand selbst verantwortlich ist“, heißt es unter „Gesundheitspolitik“. Sieht er „in der Krankheit einen Hinweis darauf, dass er in seinem Denken und Handeln etwas verändern muss, ist damit bereits der erste Schritt zur Heilung vollzogen“. Ist der Mensch des Sehens nicht mächtig, darf er aber zum Arzt gehen und soll frei zwischen Schulmedizin und Naturheilverfahren wählen dürfen. Das ist doch nett.

MUT will helfen – auch bei der Kindererziehung: Die sollte „zunächst in der Familie“ stattfinden „und nicht allein auf Kindergarten und Schule abgewälzt“ werden. Und damit auch richtig erzogen wird, böte die Tierschutzpartei Elternseminare an, „in deren Mittelpunkt die Achtung vor der gesamten Mitwelt ‚Mensch, Tier und Natur‘ steht“. Hier „können den interessierten Eltern außerdem die Vorteile gesunder vegetarischer/veganer Ernährung näher gebracht werden“. MUT wendet sich gegen die Diskriminierung aller Diskriminierten, für mehr LehrerInnen, Inklusion und Sprachförderung. Außerdem sind in Schulen „in allen Klassenstufen TierschutzlehrerInnen einzusetzen“.

So viel Aufwand für Ganzheitlichkeit, Tierschutz und Ernährung muss zwangsläufig mit Verzicht an anderer Stelle einhergehen. MUT fallen da Flüchtlinge ein: Denen ist nur „nach genauer Prüfung“ und der Feststellung, dass sie „eindeutig“ verfolgt sind, Asyl zu gewähren und: „Anzustreben sind internationale Vereinbarungen dahingehend, dass politisch Verfolgte in einem Nachbarland Asyl gewährt bekommen.“ Dort würden sie nämlich „weniger ihrer Kultur entfremdet, und die Möglichkeit einer Rückkehr nach Beendigung der Fluchtgründe ist besser gewährleistet“. Nicht, dass bald der Wohnraum fürs deutsche Tier knapp wird.  SIMONE SCHNASE