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Archiv-Artikel

Deutsche Bank schrumpft

UNTERNEHMEN Der Vorstand verordnet dem Geldinstitut eine neue Strategie. Die ähnelt der alten – nur soll die Bilanzsumme deutlich kleiner werden. Dafür muss die Postbank weg

Die Bank hat neue Ideen nötig: Die Rendite ist schwach, die Kosten sind zu hoch

VON BEATE WILLMS

BERLIN taz | Die Meldung, die die Deutsche Bank am Freitagabend eine Stunde vor Mitternacht auf ihrer Homepage veröffentlichte, war kurz und knapp. Das Geldinstitut soll kleiner werden. Deshalb trennt es sich von der Mehrheit an der Postbank, die es erst 2010 erworben hatte. Statt rund 95 Prozent will es höchstens noch 49 Prozent der Anteile besitzen – wenn überhaupt. Weil das aber noch nicht reicht, um die Bilanzsumme von jetzt 1,7 auf 1 Billion Euro zu senken, wie der Vorstand anstrebt, wird auch in der Investmentsparte gestrichen, etwa das Geschäft mit Hedgefonds. Wie genau das aussehen soll und wie viele Arbeitsplätze es kosten wird, will der Vorstand am Montag verkünden.

Der Aufsichtsrat hatte das Konzept des Vorstands am Freitag in einer langen Sitzung offenbar einstimmig abgenickt. Dass es überhaupt gleich im Anschluss offizielle Informationen gab, ist wohl der Bankenaufsicht zu verdanken. Die Bafin hatte die Bank zuvor gewarnt, dass es nicht angehe, wenn „kapitalmarktrelevante Details“ über den Spiegel, das Handelsblatt und die Agentur Reuters nach außen gegeben würden, und eine Untersuchung angekündigt. Tatsächlich hatten Medien immer wieder haarklein über verschiedene Szenarien berichtet, nach denen sogar eine Abspaltung des gesamten Privatkundengeschäfts – also auch der Deutsche-Bank-eigenen Filialen – und eine Konzentration auf das Investmentbanking zur Debatte gestanden haben sollen.

Die Deutsche Bank hat neue Ideen dringend nötig. Die Rendite ist schwach, die Kosten sind zu hoch und der Aktienkurs dümpelt im internationalen Vergleich vor sich hin. Hinzu kommen gewaltige Kosten für Rechtsstreitigkeiten, mit denen die Behörden in den USA und Europa die Finanzkrise, den Skandal um manipulierte Liborzinssätze und den Umsatzsteuerbetrug mit CO2-Zertifikaten derzeit aufarbeiten. 4,5 Milliarden Euro hatte das Institut dafür zurückgestellt, nach zwei Vergleichen sind bereits mehr als 3 Milliarden weg. Allein 2,3 Milliarden Euro wurden vergangene Woche für die Rolle der Banker im Liborskandal fällig. Die Altlasten verdarben der Bank gerade erst die Bilanz: Im ersten Quartal halbierte sich der auf die Aktionäre entfallende Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 544 Millionen Euro, wie das Institut am Sonntag mitteilte.

Auch andere Regulierungsvorgaben machen der Deutschen Bank zu schaffen. So hat sie Probleme, das zur Absicherung ihrer Bilanzsumme nötige Eigenkapital aufzubringen.

Und bei alledem bekommt sie auch die internen Kulturkämpfe nicht in den Griff. Der eine zwischen Investmentbankern und Mitarbeitern im Privatkundengeschäft, der sich um die höchst unterschiedliche Bezahlung dreht und die Frage, wer unterm Strich mehr zum Gewinn beiträgt, bleibt ihr wohl erhalten.

Den zweiten aber will sie mit dem Verkauf der Postbank mit ihren gelben Filialen und 14 Millionen Kunden lösen. Tatsächlich war diese nie integriert worden – immer noch hat sie ihre eigene Zentrale in Bonn und einen siebenköpfigen Vorstand. Und ihre gewaltige Liquidität durfte die neue Mutter nur eingeschränkt nutzen, die Bafin beschränkte ihren Zugriff auf die Einlagen der Postbankkunden auf zehn Prozent. Nicht nur bei der Deutschen Bank gab es deshalb schon lange Zweifel am strategischen Sinn der Übernahme.

Für die Postbank-Beschäftigten, die seit der vergangenen Woche für einen Kündigungsschutz bis 2020 streiken, könnte ein Verkauf nun sogar die bessere Lösung sein. Die Gewerkschaft Verdi sprach sogar von „Wachstumschancen“. Die Anzahl ihrer eigenen sogenannten blauen Filialen hat die Deutsche Bank in den vergangenen zehn Jahren von 1.200 auf 700 reduziert.

Die Frage ist nun, wer Interesse an den gelben Filialen haben könnte, die zwar inzwischen nachhaltige Gewinne schreiben, aber vielerorts bis 2020 auch Postdienstleistungen anbieten müssen. Die Banken in Deutschland streichen schon ihre eigenen Filialnetze zusammen. Und nicht einmal die spanische Santander oder die französische BNP Paribas, die gern ein Bein in den deutschen Markt bekommen wollen, haben bisher Interesse angemeldet. Eine Möglichkeit wäre, dass die Deutsche Bank ihre ungeliebte Tochter wieder an die Börse bringt. Ansonsten droht der Verkauf an einen Finanzinvestor.

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