: „Er war ein verkanntes Genie“
Bert Kaempfert war – vor Nena – der erste Deutsche, der in den USA einen Nummer-1-Hit hatte. Die Dokumentation „Bert Kaempfert Story“ erhellt, warum (22.00 Uhr, NDR)
Der Komponist („Strangers in the Night“) und Arrangeur gilt als Erfinder des Easy Listening. Die taz sprach mit dem Filmemacher Marc Boettcher.
taz: Herr Boettcher, weshalb soll man sich heute noch für Bert Kaempfert interessieren?
Marc Boettcher: Weil es nur wenige Deutsche gibt, die auch international, vor allem in den USA, Erfolg hatten. Und weil ich die Geschichte eines Arbeitersohns aus Hamburg, der sich von seinem Weg nicht abbringen lassen wollte, interessant fand.
Was haben Sie über seine Ära erfahren?
Ära? Nein, die gab es nicht, dafür war er nicht populär genug. Bert Kaempfert hat ja nie im Rampenlicht gestanden. Man hat ihn nicht angehimmelt wie später James Last, der viel deutschere Rhythmen gespielt hat. Ich habe erst bei meinen Recherchen geahnt, dann gewusst, dass eine Würdigung nötig ist. Denn die Nachkriegszeit erscheint ja heute bei vielen in hellem Licht – welche Mühe es aber bedeutete, den Swing, oder wie meine Oma sagte, das Amigejudel, ins Land zu bringen, das war mir nicht klar. Vor der Flower-Power-Zeit war diese Einstellung zu swingenden Rhythmen übermächtig.
Was haben Sie über ihn persönlich erfahren können?
Er war vor allem in seiner Heimat verkannt, das war schnell deutlich. Wie ja viele andere Deutsche auch, die bei uns wenig galten, weil sie vielleicht gerade im Ausland Erfolg hatten: Hildegard Knef, Romy Schneider, Heidi Brühl … das waren fast Abtrünnige, Verräter an der deutschen Gemütlichkeit. Bert Kaempfert war ein verkanntes Genie – das ist mein Urteil.
Wann haben Sie begonnen, seine Musik zu mögen?
Meine Eltern bekamen, als ich noch ein Kind war, eine Bert-Kaempfert-Platte geschenkt – aber sie hatten keinen Plattenspieler. Musik von ihm war in Deutschland nicht beliebt. Die Nazis hatten diese swingende Musik ja verpönt – und das saß tief in den Seelen der Nachkriegsgenerationen. Mir war das aber gleichgültig. Ich fand gerade das Stück „Afrikaan Safari“ toll und „Spanish Eyes“ und natürlich „Swingin’ Safari“.
Wie lange haben Sie an dem Projekt gearbeitet?
Viele Jahre, wobei die Dreharbeiten konkret wohl zwei Jahre dauerten. Auf Archive war da aber kein Verlass. Gott sei Dank hat mir die Familie Kaempfert sehr geholfen – mit Schmalfilmen, Briefen und vor allem Geduld bei meinen Interviews.
INTERVIEW: JAN FEDDERSEN