kabinenpredigt
: Wasserball jetzt mit mehr Risiko

Mitte letzter Woche atmete man bei den Wasserballern von Spandau 04 erleichtert auf. „Die Martyrien für die Zuschauer“, so verkündete man in einer Pressemitteilung hoffnungsfroh, „dürften vorbei sein.“ Gemeint waren damit die sterbenslangweiligen Berliner Kantersiege in den letzten Monaten. 26:3. 28:7. 27:6. Eine Einseitigkeit, die selbst das Gewinnen zu einer spaßfreien Angelegenheit werden lässt.

Die Spandauer trösteten sich nun damit, dass gemäß der Tabelle in den nächsten Wochen stärkere Gegner zu erwarten sind. An ihren Erfolgen können sich die Berliner schon lange nicht mehr berauschen. In den letzten 29 Jahren mussten sie 27 Meisterschaftsfeiern ausrichten. Dem Vernehmen nach soll es bei den letzten sehr freudlos zugegangen sein.

Was ist zu tun? Letzten Mittwoch beim Lokalderby gegen die SG Neukölln traten die Spandauer ohne ihre Torhüter an. Zwar unfreiwillig, weil diese erkrankt waren, spannender wurde es aber auch nicht. Feldspieler Erik Bukowski stellte sich zwischen die Pfosten, und sein Team gewann 16:3.

Um die langweiligste deutsche Liga ein wenig aufregender zu gestalten, sind folglich radikalere Maßnahmen erforderlich. Man sollte bei den Spandauern über den Einsatz fachfremdem Personals nachdenken. Vielleicht könnte man Fußballtorwart Jens Lehmann hin und wieder die Möglichkeit geben, ein wenig Spielpraxis zu sammeln. Natürlich nur, soweit es seine familiären Verpflichtungen in London zulassen. Ansonsten könnte man, wie es der Fußball-Oberligist Bayer Uerdingen gerade mit dem Traineramt praktiziert, den Torwartposten im Internet versteigern. Gewiss findet man auf diesem Weg spendable Menschen, die einmal Profisport hautnah miterleben möchten. Und mit dem Geld könnte man wiederum die Nachwuchsarbeit der Konkurrenten fördern.

Am Samstag wurde es übrigens tatsächlich spannender. Das Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten Duisburg endete 12:12. Bei Spandau fehlten lediglich vier Nationalspieler, und Ersatztorwart Roger Kong durfte wegen einer Bindehautentzündung seine Kontaktlinsen nicht tragen. JOHANNES KOPP