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Archiv-Artikel

NICHT EIN BERLUSCONI-GESETZ HAT DIE MITTE-LINKS-REGIERUNG ANGETASTET Prodi – Wahlhelfer von Berlusconi

„Nie wieder“, hieß es im Frühjahr 2006, unmittelbar nach Romano Prodis Wahlsieg. Nie wieder werde das Mitte-links-Bündnis den zehn Jahre vorher begangenen Fehler wiederholen und Silvio Berlusconi mit Samthandschuhen anfassen. Fünf Jahre an der Regierung hatten damals nicht gereicht, um ein Mediengesetz zu verabschieden, das Berlusconis Macht hätte beschneiden können. Auch ein Gesetz zum Interessenkonflikt des politisierenden Medienunternehmers blieb graue Theorie.

Stattdessen regelte Berlusconi all das nach seinem Wahlsieg im Jahr 2001, natürlich ganz in seinem Sinne. Und er verabschiedete gleich noch ein halbes Dutzend weiterer Gesetze, um die zahlreichen gegen ihn laufenden Prozesse abzuwürgen.

Dann kam Prodi wieder – und wollte alles neu machen. „Weg mit Berlusconis Schandgesetzen“, hieß eine der Hauptwahlkampfparolen. Um so erschütternder ist die Bilanz nach 20 Monaten Mitte-links-Regierung: Nicht ein einziges der inkriminierten Gesetze wurde angetastet, alle sind sie in Kraft, völlig unverändert.

Erschütternd ist diese Bilanz zunächst angesichts der vollmundigen Versprechen an die eigenen Wähler. Die hatten wirklich auf einen Neuanfang gehofft. Ihr Bündnis sollte endlich dort zupacken, wo es sich zehn Jahre vorher im internen Dauerstreit selbst blockiert hatte. Und der politische Wettbewerb auch endlich sauberen demokratischen Regeln gehorchen.

Dieser Neuanfang ist ausgeblieben; stattdessen ist die Koalition am Ende, was immer auch in den nächsten Tagen geschehen wird. Damit ist die nächste Wahlniederlage vorprogrammiert – welcher Mitte-links-Politiker kann sich noch, ohne rot zu werden, vor die eignen Anhänger trauen und versprechen: „Nie wieder“ werden die Fehler von 1996 und 2006 wiederholt? Schlimmer noch: Auch der nächste Wahlkampf, egal ob im Frühjahr oder im Herbst 2008, wird nach Berlusconis Regeln ablaufen. Er wird erneut ungehindert seine Medien und seine Milliarden in die politische Waagschale werfen, gegen eine nunmehr völlig demoralisierte Linke. MICHAEL BRAUN