Wenn der Imam Biologie wichtig findet

Integration müsse Chefsache werden, fordern SPD und Grüne in Hamburg. Nach einem Wahlsieg von Rot-Grün werde eine Stabsstelle in der Staatskanzlei geschaffen. Unterstützung von Parteifreunden aus Berlin und anderen Ländern

Starke Grüne seien wichtig für MigrantInnen in Hamburg, findet Nebahat Güclü. Aber sie ist auch GAL-Abgeordnete in der Bürgerschaft, und außerdem ist Wahlkampf. Und deswegen holten sich die türkischstämmige Politikerin und ihre Fraktionschefin Christa Goetsch Unterstützung bei grünen Abgeordneten mit Migrationshintergrund aus Niedersachsen, Hessen und Berlin. Und alle sind sie der Ansicht, dass Integration vor allem eine soziale Frage ist, keine ethnische oder religiöse.

Gerade in der Frage von Kirchenstaatsverträgen mit Muslimen könne die Politik „den Dialog nur begleiten“, sagte Filiz Polat aus dem niedersächsischen Landtag gestern Vormittag beim Pressefrühstück in einem arabischen Restaurant. Mit Bevormundung oder sonstigem politischen Druck würde höchstens Abwehr provoziert. Und zugleich seien Imame als Respektspersonen wichtige Partner für die Politik, weiß Güclü: „Wenn der Imam sagt, Biologie- oder Schwimmunterricht in der Schule ist wichtig für Mädchen, dann geht das meistens auch.“

Letztlich seien die Bildungschancen der Schlüssel für die Teilhabe von MigrantInnen an der gesellschaftlichen Realität in Hamburg und Deutschland, stellte Goetsch klar. Interkulturelle Kitas, Integration in der „Schule für Alle“ nach grünem Modell oder auch die Anerkennung von Qualifikationen, die in der Heimat erworben wurde, seien da wichtige Punkte.

Es sei kein Zufall, dass die Arbeitslosenquote unter Migranten in Berlin gut doppelt so hoch sei wie bei Deutschen, sagte der Berliner Abgeordnete Özkan Mutlu. Unter Akademikern aber sei sie sogar drei Mal höher: „Der türkische Arzt, der in Deutschland höchstens Krankenpfleger sein darf, ist leider nicht die Ausnahme.“

Deshalb müsse Integration in Hamburg „Chefsache“ werden, forderte Goetsch. Anstelle des Alibigremiums „Integrationsbeirat“ in der Sozialbehörde solle nach der Wahl eine „Stabsstelle Integration“ in der Senatskanzlei geschaffen werden. Ein solches Amt „mit Querschnittsaufgabe“ dürfte auch in andere Behörden hineinwirken.

Dieses Amt versprachen am Dienstagabend ebenfalls SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und die Hamburger SPD-Abgeordnete Aydan Özoguz. Auf einer Podiumsdiskussion in Hamburgs Türkischer Gemeinde beschworen auch sie den Dreiklang aus Bildung, Ausbildung und Arbeit als „mehrdimensionale Antwort“ für das Zusammenleben der Kulturen. Sven-Michael Veit