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Archiv-Artikel

Triumphaler Offenbarungseid

Auch nach dem Erreichen des Viertelfinals der Champions League hadert Schalke mit sich

PORTO taz ■ Irgendwann war das Bad in der Menge auch für Manuel Neuer beendet. Ein letztes Mal winkte er den johlenden Schalker Fans zu, dann lief er in Richtung Kabine. Aber natürlich nicht alleine. Zwei besonders eifrige Fotografen hefteten sich an seine Fersen und prompt kam es zu einem Unfall. Die Berufsknipser mit ihrer umfangreichen Ausrüstung verhedderten sich ineinander, einer der beiden stürzte. Doch Neuer half dem armen Mann rasch wieder auf die Beine. Schalkes junger Torhüter kümmerte sich an diesem luftig-lauen Frühlingsabend in Nordportugal um alles.

Zuvor hatte er Portos Angreifer mit unglaublichen Reflexen über 120 Minuten in den Wahnsinn getrieben – um sein zermürbendes Werk im Elfmeterschießen dann zu Ende zu führen. 4:1 siegten die Schalker beim Nervenspiel am Kreidekreis, vor allem dank Neuer, der zwei Strafstöße parierte.

Doch in der Stunde des Triumphs präsentierte sich der 21-jährige Schlussmann als Symbol der jüngsten Schalker Krise: „Ich habe gezeigt, dass es auch den anderen Manuel Neuer gibt, dass nicht alles schlecht ist an mir.“ Nach seinem Traumstart in der Vorsaison hangelte sich der gebürtige Gelsenkirchener in dieser Runde von verschuldetem Elfmeter zu Beinschuss zu Abwurf vor des Gegners Füße. Nach der guten Leistung von Porto fand auch Manager Andreas Müller: „Es war wichtig, dass er unser Matchwinner war. Das wird ihm gut tun, und das braucht er auch.“ Und setzte eine ernste Miene auf. Denn: „Das war eine Weltklasseleistung – aber das heißt nicht, dass Manuel ein Weltklassetorhüter ist. Dazu fehlt ihm einfach noch die Konstanz.“

Das böse schwankende Niveau der Blau-Weißen, von dem beileibe nicht nur der Torhüter befallen ist, kroch den Gelsenkirchenern selbst im Moment des Erfolges in die Hirne. Das Viertelfinale in der Champions League hatten sie, wenn auch mit Ach und Krach, gerade erreicht. Der größte Erfolg der Klubgeschichte, aber die Jubelarien fielen vergleichsweise leise aus.

Nicht ohne Grund: Es war, vor allem im Offensivspiel, ein Offenbarungseid des letzten deutschen Vertreters in der Königsklasse. Totalausfall Kevin Kuranyi lieferte bei seiner Auswechslung in der 79. Minute die passende Untermalung, indem er Mirko Slomka den üblichen Handschlag verweigerte. Manche wollten gar gesehen haben, dass der Angreifer den eh in die Schusslinie geratenen Cheftrainer bespuckt habe. Für Slomka grober Unfug: „Kevin hat das Wasser weit hinter mir rausgelassen.“ Die Geschichte mit dem unterlassenen Handschlag wollte er mit Kuranyi gestern dagegen schon „besprechen“.

ANDREAS MORBACH