: 7,50 Euro für alle
Rot-Rot ändert diese Woche das Vergabegesetz und führt einen Mindestlohn ein. Kontrolliert wird zunächst kaum
Das Land Berlin will sich als erstes Bundesland in dieser Woche einen Mindestlohn verordnen. Alle öffentlichen Aufträge sind damit künftig an die Bedingung gekoppelt, dass die Auftragnehmer ihren Beschäftigten mindestens 7,50 Euro pro Stunde zahlen. Die entsprechende Änderung des Vergabegesetzes will das Abgeordnetenhaus mit rot-roter Mehrheit am Donnerstag beschließen. Beide Fraktionen winkten die Vorlage am Montag im Wirtschaftsausschuss durch.
Dabei halten es SPD und Linke wie die Bahn und die Lokführergewerkschaft: Sie strichen alle strittigen Punkte und kamen so zu einer raschen Einigung. Strittig ist etwa die Frage, wer über die Einhaltung des Mindestlohns wachen soll. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) wünscht eine unabhängige Kontrollstelle, deren Personal Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) bislang nicht genehmigte. So sind die Vergabestellen aufgefordert, über den Mindestlohn zu wachen – Ausführung und Kontrolle liegen also in einer Hand. Die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus kritisierte den Gesetzentwurf: „Das ist ein Papiertiger, der nur das Nötigste regelt und dafür noch nicht einmal die adäquate Kontrolle sicherstellt.“ Die Grünen wünschen sich zusätzlich ökologische und soziale Standards, etwa beim Einkauf von Kugelschreibern oder Pflastersteinen für den öffentlichen Dienst.
Solche Kriterien bei der Auftragsvergabe will auch die Linke, konnte sich jedoch damit nicht beim Koalitionspartner durchsetzen, wie der wirtschaftspolitische Sprecher Stefan Liebich im Ausschuss andeutete. SPD-Wirtschaftsexperte Frank-Ralf Jahnke sagte, man habe sich auf einen schlanken Gesetzentwurf geeinigt und wolle juristisch nichts übers Knie brechen. Mit Klagen ist zu rechnen: Erst am Freitag hatte das Berliner Verwaltungsgericht den bundesweiten Mindestlohn in der Postbranche für unzulässig erklärt.
FDP und CDU sind gegen die Änderung des Vergabegesetzes. CDU-Wirtschaftsexperte Michael Dietmann meinte: „Der Senat stiftet Symbolpolitik, anstatt die Berliner Wirtschaft zu unterstützen.“ ANNA LEHMANN
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