Knastmord hat keine Folgen für Ministerin

Untersuchungsausschuss: NRW-Justizministerin sieht keinen Grund für Rücktritt wegen Mords im Siegburger Gefängnis

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) sieht weiterhin keinen Grund, wegen des Foltermords an einem Häftling in der Justizvollzugsanstalt Siegburg zurückzutreten. „Natürlich trägt man Verantwortung“, sagte sie vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Für sie bedeute diese Verantwortung aber, die Situation in den Haftanstalten zu verbessern.

Der 20-jährige Hermann Heibach war im November 2006 von drei Mithäftlingen brutal ermordet worden – die Tat hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die drei zur Tatzeit 17, 19 und 20 Jahre alten Männer hatten ihn zwölf Stunden lang gequält, geschlagen und vergewaltigt. Heibach wurde gezwungen, Urin und Erbrochenes zu schlucken, bevor er schließlich von den Tätern erhängt wurde. Die drei Männer wurden vom Landgericht Bonn inzwischen zu Haftstrafen zwischen 10 und 15 Jahren verurteilt.

Als Konsequenz aus dem Foltermord hat Müller-Piepenkötter den Anstaltsleiter des Siegburger Gefängnisses abgelöst, den Stellenabbau im Strafvollzug gestoppt und ein neues Jugendstrafvollzugsgesetz vorgelegt, das ab 2010 die Unterbringung in Einzelzellen vorsieht. Zudem habe sie „als Sofortmaßnahme“ zwei Tage nach dem Tod Heibachs die Unterbringung von drei bis vier jugendlichen Straftätern in einer Zelle untersagt, so die Ministerin.

Vertreter der Opposition werfen Müller-Piepenkötter dennoch Untätigkeit vor: So hatte der kriminologische Dienst ihres eigenen Ministeriums bereits im März 2006 vor der Belegung einer Zelle mit drei bis vier Gefangen gewarnt und in diesem Zusammenhang von einer „Gefahrenzone“ gesprochen. Die Warnung habe aber nur „auf Vermutungen, nicht auf Erkenntnissen beruht“, so die Rechtfertigung der Ministerin am Montag. „Diese feine juristische Unterscheidung hat Hermann Heibach vermutlich das Leben gekostet“, stellte SPD-Fraktionsvize Ralf Jäger daraufhin fest.

Auch das Landgericht Bonn sei in seinen Urteilen gegen die drei Täter zu der Überzeugung gelangt, die „Zellensituation“ habe den Mord an Heibach begünstigt, warfen die sozialdemokratischen Abgeordneten Müller-Piepenkötter vor. Ob sie nicht doch politische Konsequenzen ziehen müsse, fragte Sozialdemokrat Jäger wiederholt. Müller-Piepenkötter aber hielt an ihrer Linie fest, sie habe doch inhaltliche Konsequenzen gezogen – und verwies auf die verbesserte Situation in den Haftanstalten.

Damit dürfte der Mord an Heibach für Müller-Piepenkötter, die in den Tagen nach der Tat hochnervös und dem Rücktritt nahe gewirkt hatte, folgenlos bleiben: Die Befragung der Justizministerin am Montag fand in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses statt – nun folgt nur noch ein Zwischenbericht, den das Plenum des Landtags im Sommer beraten soll. Dabei könnten die Abgeordneten zwar eine Verlängerung der Ausschussarbeit beantragen, dies gilt aber angesichts der Mehrheit der Koalition aus CDU und FDP als unwahrscheinlich.

ANDREAS WYPUTTA