: Obamas Vorteil
AUS WASHINGTON VEIT MEDICK
Barack Obama hat auch die jüngste Vorwahl in Mississippi gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton gewonnen. 22 Prozentpunkte betrug der Vorsprung Obamas nach Auszählung aller Stimmen. Wichtiger dürfte für ihn aber sein, dass er seinen Delegiertenvorsprung weiter ausbauen konnte. Je nach Berechnung liegt der Senator aus Illinois jetzt mit bis zu 140 Delegierten vorn (s. Grafik).
Überraschend kam sein Sieg nicht. Wegen des hohen afroamerikanischen Bevölkerungsanteils in Mississippi waren alle Wahlforscher von einem deutlichen Sieg für Obama ausgegangen. Auch in den angrenzenden Südstaaten hatte Obama zuvor hohe Siege einfahren können.
Trotzdem ist noch lange nicht entschieden, wer im Kampf ums Weiße Haus im November auf demokratischer Seite gegen den Republikaner John McCain antritt. Im Gegenteil: Die Schlammschlacht dürfte im Vorfeld der nächsten Primaries in Pennsylvania in sechs Wochen noch aggressiver als in den letzten Tagen ausgetragen werden.
Dabei sprechen die Zahlen eigentlich eindeutig für Obama. Er führt bei den Delegiertenstimmen, hat wesentlich mehr Staaten gewonnen, und auch bei den absoluten Wählerstimmen ist sein Vorsprung mit rund 700.000 beträchtlich. Gestern rechnete der Fernsehsender CNN vor, dass Clinton in allen verbleibenden Vorwahlen auf jeweils rund 65 Prozent kommen müsste, um Obama noch einzuholen.
Derartige Rechenspiele scheinen Clinton derzeit nicht sonderlich zu interessieren. Seit ihren Comebacksiegen in Ohio und Texas fährt ihre Kampagne eine aggressive Alles-oder-nichts-Strategie. Hauptziel ihrer Angriffe ist momentan nicht McCain, sondern Obama. Immer wieder wirft sie ihrem Konkurrenten indirekt vor, nicht erfahren genug für das mächtigste Amt der Welt zu sein. Zudem brachte die ehemalige First Lady in den letzten Tagen eine ganz besonders aparte Idee ins Spiel: Ihr Konkurrent solle doch einfach gemeinsam mit ihr antreten – allerdings als ihr Vizepräsident. Ehemann Bill sprach von einem „nahezu unschlagbaren“ Team. Der Senator wies dies zurück. Er verstehe nicht, sagte Obama, wie jemand, der weniger Delegiertenstimmen habe als er, ihm die Vizepräsidentschaft anbieten könne.
Am Dienstag könnte die Clinton-Kampagne nun einen Schritt zu weit gegangen sein. Beraterin Geraldine Ferraro, Kandidatin für die Vizepräsidentschaft 1984, hatte in einem Interview gesagt, Obama profitiere im Wahlkampf von seiner schwarzen Hautfarbe. „Wenn Obama ein weißer Mann wäre, wäre er nicht in dieser Position“, wurde Ferraro zitiert. „Wenn er eine Frau wäre, wäre er nicht in dieser Position. Er hat Glück, dass er ist, was er ist.“
Nach diesen Sätzen gab es nicht wenig Empörung. So kritisierten etwa alle Wahlkommentatoren des Senders CNN die Äußerungen scharf. „Es ist das, was wir hören, wenn wir Anwälte werden oder Journalisten oder Ärzte“, sagte ein schwarzer Kommentator: „ ‚Ihr habt den Job nicht bekommen, weil ihr gut seid, sondern weil ihr schwarz seid.‘ “
Obamas Wahlkampfchef David Axelrod forderte Clintons Team auf, Ferraro umgehend zu entlassen. Solche Äußerungen seien „heimtückisch“ und „beleidigend“, sagte Axelrod. Ferraro verwahrte sich gegen den Versuch, sie mit Rassismusvorwürfen „mundtot“ zu machen. Sie bestätigte allerdings ihre Aussagen und meinte: Wenn Obamas Team meine, eine Ferraro mit solchen Anwürfen schachmatt setzen zu können, dann täusche er sich. Hillary Clinton distanzierte sich nur unterkühlt von den Sätzen ihrer Finanzberaterin: „Es ist bedauerlich, dass irgendwelche Unterstützer von uns solche Sachen sagen.“
Unabhängig davon, ob Ferraro Mitglied der Kampagne bleibt oder nicht, für Clinton dürften die Äußerungen einen klassischen Bumerangeffekt haben. Denn jetzt drohen auch die letzten Schwarzen in den USA sich von ihr abzuwenden. Wie polarisiert das demokratische Rennen ohnehin schon ist, zeigt allein ein Blick auf eine der Nachwahlumfragen vom Dienstag: 91 Prozent der schwarzen Bevölkerung stimmten in Mississippi für Obama, nur 9 Prozent für Clinton. Sie gewann dafür 70 Prozent der weißen Wähler.“