Tibets norwegische Stimme

Der Schriftsteller Øystein Alme hat vor zwölf Jahren den Radiosender Voice of Tibet gegründet, der Nachrichten aus Tibet und China sendet – wenn die dortigen Behörden nicht dazwischenfunken

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Die Geschichte von Voice of Tibet beginnt mit einer Reise, die der norwegische Schriftsteller Øystein Alme 1995 nach Tibet und China unternommen hat. Einige Monate später gründete er eine Stiftung, die den Betrieb eines Radiosenders zum Ziel hatte. Mithilfe privater und öffentlicher Geldquellen ging Voice of Tibet am 14. Mai 1996 zum ersten Mal auf Sendung. Seitdem produziert eine im nordindischen Dharamsla beheimatete Redaktion, die vorwiegend aus Exiltibetern besteht, täglich ein halbstündiges Programm in tibetischer Sprache und seit 1999 auch 15 Minuten auf Mandarin. Erst sendete man nur auf Kurzwelle, mittlerweile auch über Satellit. Alternativ kann man die Programme auch auf der Website www.vot.org hören.

Dass dieser Sender, der Nachrichten aus Tibet selbst und über demokratische Bewegungen in China ausstrahlt, aber auch weltweite Stimmen über Tibet und aus tibetischen Exilgemeinden zu Wort kommen lässt, den chinesischen Behörden ein Dorn im Auge sein würde, war klar. Schon nach wenigen Wochen Sendebetrieb begannen die Versuche, das Signal mittels Störsendern zu überlagern. Der Relaissender auf den Seychellen, der das Kurzwellenprogramm zunächst sendete, wurde von Peking erfolgreich unter Druck gesetzt: Entweder er kündige den Vertrag mit Voice of Tibet, oder man werde auch die Programme seiner anderen Kunden stören.

„Sie waren erst ziemlich schlecht mit den Störsendern“, erzählt Øystein Alme, „aber wurden dann leider immer besser.“ Früher habe es oft eine Woche gedauert, bis Peking sich auf geänderte Frequenzen eingestellt habe, jetzt geschehe dies binnen weniger Minuten. Auch den Zugang zur Website des Senders versucht Peking zu blockieren.

Bei den Störsendern bedient sich die chinesische Regierung französischer Technik. Reporter ohne Grenzen und andere Organisationen kritisierten die Regierung in Paris dafür, dass sie die Lieferung von Ausrüstung „zum Aufbau einer chinesischen Schall-Mauer“ nicht unterbunden habe – vergeblich.

Doch Voice of Tibet lässt sich nicht unterkriegen. „Wir haben auch unsere Tricks“, sagt Alme. So hat der norwegische Senderdirektor kürzlich unter Hinweis auf die chinesische Verfassung und die von China unterzeichnete internationale Menschenrechtserklärung in einem offenen Brief an das Internationale Olympische Komitee und alle SportlerInnen, die sich auf die Teilnahme an den Sommerspielen in Peking vorbereiten, appelliert, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Informationsfreiheit in China einzusetzen. Für einen Boykott plädiert Alme nicht: „Es wäre eine gute Lektion, wenn die Sportlerstars in China klarmachen würden, was sie über die dortigen Menschenrechtsverletzungen denken.“

Über Voice of Tibet und die chinesische Zensur hat Øystein Alme auch ein Buch geschrieben. „Silenced – China’s Great Wall of Censorship“ kann man sich kostenlos von seiner Website www.diantai.org/silenced.html herunterladen.