E-Mail setzt Ministerpräsident unter Druck

Christian Wulff wusste vor der Landtagswahl von Misshandlung in Celler Gefängnis, Opposition sieht Vertuschung

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wird durch eine E-Mail unter Druck gesetzt: Wulffs Staatskanzlei ist vier Tage vor der Landtagswahl vom Übergriff auf einen Häftling in der Vollzugsanstalt Celle mit einem „wenige Zeilen langen Vermerk“ per Mail aus dem Justizministerium unterrichtet worden, bestätigte eine Sprecherin am Mittwoch in Hannover. Die Opposition unkt, der meldepflichtige Vorfall sei vertuscht worden, um kurz vor der Wahl keine bösen Schlagzeilen lesen zu müssen. Es habe „einen üblen Beigeschmack“, wenn die Staatskanzlei „von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt wird, während die Informationen dem Landtag und der Öffentlichkeit vorenthalten werden“, sagte Hans-Dieter Haase (SPD).

In der Nacht zum 20. Januar war ein 28-jähriger Gefangener stundenlang von zwei Zellengenossen brutal misshandelt worden. Laut Staatsanwaltschaft wurde er auch vergewaltigt. Zuvor hatte er um Verlegung in eine Einzelzelle gebeten. Der Vorfall sei erst am 6. Februar einem Justiz-Ausschuss gemeldet worden, weil ein Gutachten abgewartet wurde, sagte die damals amtierende Justizministerin Elisabeth Heister-Neumannn (CDU). „Hätte der Anstaltsarzt Anhaltspunkte für den behaupteten Sexualverkehr bestätigt, hätten wir den Vorfall damals schon gemeldet.“ Bei diesem Vorfall hätten die Mitgefangenen „insbesondere die Vergewaltigung“ bestritten, sagte Heister-Neumann, heute Kultusministerin.

Bei gefährlichen Körperverletzungen müsse informiert werden, entgegnete Haase. Schon der Auftrag für das rechtsmedizinische Gutachten zeige, dass es sich nicht um eine übliche Gefängnisschlägerei gehandelt habe. Offenbar wurde Wulff wegen des bevorstehenden TV-Duells mit Herausforderer Wolfgang Jüttner (SPD) von dem Vorgang im Gefängnis gebrieft. KSC