Goslar hat kein Geld für türkisches Cambridge

Das Projekt der Izmir University of Economics, einen Ableger in Goslar zu gründen, gerät ins Stocken. Goslar verlangt eine Bürgschaft und noch ist kein Konzept beim niedersächsischen Wissenschaftsministerium eingereicht

Eigentlich sollte die geplante türkische Privat-Universität in Goslar ihren Betrieb bereits im vergangenen Jahr aufnehmen – nun wurde bekannt, dass die Finanzierung des Projekts ungeklärt ist. Goslars Stadtrat Klaus Germer teilte letzten Freitag mit, dass die Stadt nicht in der Lage sei, die geplanten acht Millionen Euro aufzubringen, die zur Sanierung des künftigen Universitätsgebäudes erforderlich sind.

Goslar erwartet für das Jahr 2009 ein Haushaltsdefizit von sieben Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von rund 88 Millionen Euro. Die Sprecherin der Stadt, Susanne Roßdeutscher, sagte, dass daher eine Bürgschaft der Izmir University of Economics (IUE) gebraucht werde. Die derzeit fehlenden sieben Millionen decken allerdings erst die Kosten für den ersten Bauabschnitt, insgesamt soll der Umbau der ehemaligen Kaserne 25 Millionen Euro kosten. Goslar, das 2004 den Zuschlag für eine Fachhochschule verpasste, hatte der Izmir University, die in der Türkei seit 2001 besteht, die Ansiedlung mit einem kostenlosen Grundstück nebst Gebäude schmackhaft machen wollen.

Dass die Finanzierungslücke erst jetzt Thema wurde, erklärte die Sprecherin mit der Dauer der vorbereitenden Gespräche. „Es herrscht noch Klärungsbedarf an allen Ecken und Enden.“ So habe die Izmir University noch immer keinen Antrag auf Anerkennung als private Hochschule beim niedersächsischen Wissenschaftsministerium gestellt.

In Izmir stößt der Ruf nach einer Bürgschaft auf Befremden. „In beiden Absichtserklärungen, die wir mit der Stadt unterzeichnet haben, ist dieser Punkt vorgesehen“, sagte Markus Wilsing, der Vizedirektor der Planungsgruppe des Goslar-Ablegers ist. Während die Universität den gewünschten Business- und einen Umbauplan für das Gebäude vorgelegt habe, seien die Vertreter der Stadt Goslar trotz Einladung bislang nicht nach Izmir gereist.

Auch in der Frage des ausstehenden Antrags beim niedersächsischen Wissenschaftsministerium sieht Wilsing die Bringschuld bei der Stadt Goslar: „Solange wir kein Gebäude haben, können wir auch keinen Antrag auf Anerkennung stellen.“ Laut Auskunft des Wissenschaftsministeriums „beinhaltet die Hochschulplanung die Gebäudeplanung“. Tatsächlich wirkt die Hochschulplanung aus Izmir noch recht unkonkret: Neben den in Medienberichten genannten Studiengängen Industriedesign, Softwareentwicklung und Modedesign will Wilsing „weniger konservative, wettbewerbsfähige Fächer“ anbieten. Genaueres ließe sich aber erst nach einer Marktanalyse sagen.

Das englischsprachige Angebot soll sich an eine internationale Studierendenschaft richten – warum die ausgerechnet nach Goslar strömen soll, erklärt Wilsing mit dem Status als Weltkulturerbe-Stadt. Die ruhige Umgebung verbinde Goslar hingegen mit Cambridge. FRIEDERIKE GRÄFF