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Archiv-Artikel

Jung-CDUler kandidierte für DVU

Immer wieder stören Rechtsausleger in den eigenen Reihen den Seelenfrieden der Jungen Union. Der neueste Fall: ein Bürgerschafts-Kandidat der rechtsextremen DVU, der in der Schüler-Union zu Amt und Würden kam

„Ganz unterschiedlich“, findet die Landeschefin der Jungen Union (JU), Ina Diepold, seien „die Einzelfälle gelagert“. Eine Unterwanderung der Hamburger JU durch „rechte Mitglieder“ kann die 28-Jährige deshalb nicht erkennen. Doch die Einzelfälle mehren sich: Zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres geriet die Jugendorganisation des zukünftigen GAL-Koalitionspartners jetzt durch Rechtsausleger in den eigenen Reihen in die Schlagzeilen.

Neuester Fall: Der 18-jährige Schüler Patrick Schlemmer, der gleichzeitig als Altonaer Vize-Kreisvorsitzender der Hamburger Schüler Union (SU) und Bürgerschaftskandidat der rechtsextremen DVU in Hamburg Politik machte. Das politische Doppelleben des Schülers, dessen Vater der Hamburger DVU-Chef Günter Schlemmer ist, bemerkte in der CDU monatelang niemand.

Da er sich in der CDU-Mitgliederliste unter dem Doppelnamen „Jürgens-Schlemmer“ führen ließ, sei es „nicht aufgefallen“, dass das CDU-Mitglied und der DVU-Kandidat identisch waren. „Er hat seine Kandidatur für die DVU nie erwähnt und fiel nicht durch rechte Parolen auf“, sagt Ramon Weilinger, Chef der Schüler-Union, die offiziell als Arbeitsgruppe der JU gilt.

Resultat der Schlemmerschen Verschwiegenheit in eigener Sache: Der Schüler stieg zum Altonaer Vize-Chef der SU auf und hetzte gleichzeitig – etwa bei Kandidatenwatch.de – mit teilweise rassistischen Parolen gegen die „asoziale Politik“ des Von Beust-Senats. Schlemmer habe „aus seiner rechten Einstellung im Wahlkampf keinen Hehl gemacht“, höhnt so auch die DVU auf ihrem Internet-Portal. Es sei „nur sehr schwer vorstellbar“, findet der Juso-Landesvorsitzende Danial Ilkhanipour, dass der SU „nicht bewusst gewesen sein soll, dass einer ihrer Spitzenleute zu den führenden Nazis in dieser Stadt gehört“.

Erst als sein Doppelleben aufflog, legte Schlemmer auf Intervention Weilingers sein Altonaer Amt nieder. In der Jungen Union ist Schlemmer noch immer – erst am 19. April kann die turnusmäßig tagende JU-Delegiertenversammlung ihn aus der Partei ausschließen.

Erst vor zwei Wochen war der JU-Kreischef Alexander Weiß in die Schlagzeilen geraten, weil er eine Mitstudentin als „Niggerschlampe“ beschimpft und gegen „Nicht-Arier“ unter den Jura-Studenten gehetzt haben will. „Konsequenzen“ werde es aber erst geben, so Diepold, „wenn die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen“ gegen Weiß abgeschlossen habe.

Wie Schlemmer und Weiß ist auch Einzelfall Nummer drei – Tobias Hagen – noch immer JU-Mitglied und sogar Wandsbeker Bezirkschef der Jugendorganisation. Hagen hatte im vergangenen Oktober gemeinsam mit einem JU-Kollegen die wirren Nazi-Thesen der Journalistin Eva Hermann in einem offenen Brief verteidigt. War JU-intern zunächst die Rede davon, Hagen müsse sein Amt zurückgeben, ließ der JU-Vorstand es schließlich „bei einer Rüge“, so Diepholz.

MARCO CARINI