: Stimmen, Geräusche und Klangkulissen
Am Samstag macht es in der Akademie der Künste „PLOPP“. So heißt der wichtigste Wettbewerb der freien Hörspiel- und Featureszene, in dem sich Radio-Amateure mit Profis messen. Die besten Beiträge wählt das Publikum aus
Metall knallt, Donnern, Rumpeln, plötzlich einzelne Stimmen, der Hall ist stark. „Perfekt hier!“, ruft jemand. „Das ist unsere Halle!“, antwortet eine andere Person. In dem Hörstück von Stella Luncke und Josef Maria Schäfers geht es um eine Gruppe aus Berlin, die sich Zugang zu leerstehenden Gebäuden verschafft, um dort Filme zu zeigen. In dem Audiostück gibt es keinen Kommentar. Alles ist mit speziellen Miniatur-Mikrofonen aufgenommen, dadurch wirkt die Klangaufnahme räumlicher.
So weit die Inhaltsangabe eines der Hörstücke, die beim diesjährigen PLOPP-Feature-Wettbewerb nominiert sind. Aus 75 Einsendungen haben die Juroren Schorsch Kamerun (Die Goldenen Zitronen) und Katrin Moll (freie Regisseurin und Autorin) sieben Werke ausgewählt, die sie in der Akademie der Künste präsentieren. Über die Gewinner entscheidet das Publikum. Zum achten Mal findet dieser Wettbewerb der freien Hörkunstszene statt. Erstmalig widmet er sich dieses Jahr exklusiv dem Genre Feature: dem freien Spiel mit Tönen, Geräuschen und Stimmen.
„PLOPP hat den Vorteil, dass da Sachen laufen, die man im Radio oft nicht zu hören bekommt, weil sie zu sperrig oder auch zu anstrengend sind“, sagt Josef Maria Schäfers. Seit knapp zehn Jahren produzieren er und Stella Luncke Radiofeatures und Hörspiele. Mittlerweile gibt es in Berlin eine relativ junge und lebendige freie Radio-Szene. Die Möglichkeit, auch mit einem handelsüblichen Computer große Hörspielproduktionen zu meistern, und der Preisverfall von professionellem Aufnahmeequipment haben diese Produktionsform außerhalb der großen Sendeanstalten erst möglich gemacht. „Wir würden nie ein Feature in einem Sender produzieren“, sagt Schäfers, „zuhause haben wir die Freiheit, sehr viel rumzuprobieren und zu testen, was Computer und Geräte können. Manchmal schmeißen wir auch nach drei Tagen alles wieder weg. Das ginge so im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht.“
Auch Andrea Rothenburg und Sarah Weckert produzieren selbst in einem dafür hergerichteten Kellerstudio in der Nähe der Gneisenaustraße. „Toilettentöne aus Berlin“ heißt ihr Beitrag. Dafür haben sie mit Toilettendamen und -herren geredet und allerlei Geräusche aus den stillen Örtchen auf ihren Rekorder gebannt. „Das war das erste Mal, dass wir versucht haben, etwas Leichteres zu produzieren, sonst beschäftigen wir uns eher mit ernsten Themen.“ Sarah Weckert hat in Köln ein Theaterstück produziert, in dem sich zwei Menschen zum gemeinsamen Selbstmord verabreden. Andrea Rothenburg beschäftigte sich in dem Feature „Wahnsinnsgras“ mit Psychosen durch Haschischkonsum. „Ich bin Tochter eines Psychiaters, da sitzt man an der Quelle.“
Doch solche Produktionen an große Sender zu verkaufen, gestalte sich schwierig. Oft schreibe man Redaktionen an und erhalte dann keine Antwort, sagt Rothenburg. „Die sagen, das höre ich mir mal an, aber dann kommt nichts.“ Vielleicht sei Klinkenputzen auch einfach nicht ihr Ding, denkt sie. Um das Glück nicht mehr nur in fremde Hände zu legen, haben sie jetzt einen Verlag für dokumentarische Hörstücke gegründet und wollen selbst Produziertes, und später auch Material anderer Autoren vertreiben.
Vor zwei Jahren sortierte PLOPP-Juror Joachim Rohloff noch alle Hörspiele von Autoren, die auch für kommerzielle Sender arbeiten, aus. Explizit waren dieses Mal auch Profis aufgerufen, sich zu beteiligen. Julia Tieke, freiberufliche Redakteurin beim Berliner Deutschlandradio Kultur, hat sich zusammen mit zwei FreundInnen als „Wir-AG“ am PLOPP-Wettbewerb beteiligt. „Früher dachten die öffentlich-rechtlichen Sender, sie könnten sich beim PLOPP einer Art Verjüngungskur unterziehen, doch das war ein Irrtum.“ Es habe nur wenige Hobby-Klangbastler gegeben, die sich beteiligten, und die Qualität der Beiträge sei meist schlecht gewesen, so Tiekes Eindruck.
Stella Luncke hat den Wunsch, zu gewinnen. Daneben hat der Wettbewerb für sie noch einen anderen Aspekt: „Ich finde es schön, dass man auch mal eine direkte Publikumsreaktion bekommt. Als Radioautorin weiß man sonst nie, wie die eigenen Stücke aufgenommen werden.“
TIM ZÜLCH
PLOPP 2008, 12. April 2008, 18–21 Uhr Ab 10 Uhr: Tag des Hörspiels in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10