heute in bremen : „Der Bunker ist Teil ihres Lebens“
Harry Callan, als 17-jähriger Schiffskoch von einem deutschen Kreuzer gefangen genommen, kommt ins Rathaus
taz: Harry Callan, der zwei Jahre Zwangsarbeiter auf der Baustelle des Bunkers „Valentin“ war, wird heute im Rathaus empfangen. Wie viele Besuche ehemaliger Häftlinge haben Sie schon begleitet?
Rita Scharnhorst, Verein Geschichtslehrpfad: Ich kann Ihnen keine Zahlen nennen, aber seit der Gründung des Vereins 1999 ist das ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Die „Amicale“ der Franzosen, die Vereinigung ehemaliger Zwangsarbeiter, kommt seit 1968. Auch in Holland und Belgien haben sich „Amicales“ gegründet, die regelmäßig nach Farge kommen.
Welche Bedeutung haben diese Besuche Ihrer Wahrnehmung nach für die früheren Häftlinge?
Der Bunker ist ein Teil ihres Lebens, sie wollen ihn wiedersehen. Herr Callan kam 2005 zum ersten Mal, zuvor konnte er jahrzehntelang nicht über seine Erfahrungen in Farge sprechen. Der letzte Besuch hat ihn offenbar freier gemacht: Diesmal erzählt und zeigt er seinen Söhnen sehr ausführlich, was wo gewesen ist.
Aber die Allermeisten der Überlebenden haben die Rückkehr zum Bunker wahrscheinlich vermieden?
Ich finde eher auffällig, wie viele Netzwerke sich gebildet haben. Die Betroffenen geben ihre Erfahrungen weiter und kommen mit ihren Angehörigen hier her. Es ist, als ob sie die Last teilen, die noch von früher her auf ihnen liegt. Ich kenne auch ein Geschwisterpaar aus Polen, das schon zwei Mal hier war, um nach Spuren ihres Vaters zu suchen. Aber es gibt kein Grab, keine Akte, nur die vage Information, dass er nach der Evakuierung der Lager umgekommen ist. Das lässt ihnen keine Ruhe.
Aus Sicherheitsgründen darf der ungenutzte Teil des Bunkers nicht mehr betreten werden. Wie reagieren die „Amicales“ darauf?
Heute kommt eine Gruppe aus Frankreich, die jetzt zum ersten Mal nur an zwei Stellen herein schauen darf, statt hineinzugehen. Wir müssen abwarten, wie sie reagieren. Interview: HB