Wachtturm mitten in Kreuzberg

Eine Skulptur am Kottbusser Tor soll zur Diskussion über Zuwanderung anregen. Sie stammt von Farida Heuck, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt

Der ältere Mann kurdischer Herkunft ist sichtlich irritiert. „Ist das gegen Ausländer gerichtet?“, fragt er mit Blick auf den rot lackierten Wachtturm mit der Leuchtschrift Global-Immigration, der mitten auf dem Kottbusser Tor steht. Ein jüngerer Mann hat sich die Installation schon genauer angesehen und klärt ihn auf: „Nein, Mann, das ist ein Kunstprojekt zum Umgang mit Zuwanderung.“

Mit diesem Thema beschäftigt sich Farida Heuck, deren jüngstes Projekt die am 15. Mai eingeweihte Skulptur mitten in Kreuzberg ist, schon seit Jahren. So hatte sie 2004 die Ausstellung „Moving On: Handlungen an Grenzen – Strategien zum antirassistischen Handeln“ in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) Berlin kuratiert. 1998 war sie Mitbegründerin des Verbandes Bundesverbandes Schleppen & Schleusen. Mit ihrer jüngsten Arbeit setzt Heuck diese Auseinandersetzung mit Migration am Beispiel Berlin fort. „Es gibt in dieser Stadt Zuwanderer, die willkommen geheißen werden, weil sie der deutschen Gesellschaft nützen, und andere, die diskriminiert werden“, sagte die Künstlerin am Donnerstag.

Mit der Skulptur thematisiert Heuck das Business Immigration Service (BIS). Es wurde im März 2007 von der Berliner Industrie- und Handelskammer gemeinsam mit der Ausländerbehörde eingerichtet und richtet sich an Lehrpersonen und Wissenschaftler in herausragender Position sowie Spezialisten und leitende Angestellte mit besonderer Berufserfahrung. Solche Menschen werden sich zwar eher selten am Kottbusser Tor aufhalten. Dafür werden viele PassantInnen dort ihre Erfahrungen mit Behördengängen und langer Warterei gemacht haben.

Der unterschiedliche Umgang mit Zuwanderung verdeutlicht Heuck in der Ausgestaltung des zweigeteilten Raumes im Wachtturm. Auf der einen Seite vermitteln verspiegelte Decken das Ambiente eines Komforthotels, wie es viele KundInnen des BIS bewohnen. Näher am Lebensalltag viele Bewohner am Kottbusser Tor ist der zweite Raum, der an einen Wartesaal im Ausländeramt oder Jobcenter erinnert. An der Wand befindet sich eine Tafel mit Nummern, wie sie bei diesen Behörden üblich sind. Ein Plakat informiert, dass hier im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes Sprachkurse für Migranten angeboten werden.

PETER NOWAK

Die Skulptur steht bis zum 15. Juni. Zudem sind zwei Diskussionen geplant – am 21. Mai über Arbeit und Migration gestern und heute; am 27. Mai geht es um „den Wettbewerb um die besten Köpfe“ in der neoliberalen Stadt. Je 19.30 Uhr, im WestGermany in der Skalitzer Straße 133