Jacobien Vlasman hat schon noch einige Anmerkungen zum Vertrauten zu machen

Wenn das nun wahrhaft oft umgarnte „Girl from Ipanema“ an den Anfang einer CD gestellt wird, muss das eine Botschaft sein. Die in Amsterdam geborene und in Berlin lebende Sängerin Jacobien Vlasman hat das bei „Vitrine Vocale“ gemacht, um damit wohl zu zeigen, dass man a) mit dem Mädel seine Vertrautheit hat, zu der aber b) schon noch Anmerkungen zu machen wären. Dass dessen klassische Eleganz etwa elegant auch zerpflückt werden kann. Vor allem hat Vlasman einen Perspektivenwechsel vorgenommen, indem sie das Girl selbst zu Wort kommen lässt, als Ergänzung/Gegenbild zu der Jobim-Komposition. Weiter finden sich eine schöne Understatement-Version von Bill Withers’ „Ain’t no sunshine“, mit Scat fürs Jazzpublikum aufbereitet, von Prince „Under the cherry moon“ in Slowmotion, und ein Chopin-Walzer als Chanson.

Der Rest stammt von Vlasman selbst. Manchmal singt sie sich in die Nähe von Meredith Monk, lässt sich wieder fallen in gediegene Konvention, schaut beim Bar-Jazz vorbei, wiegt sich im milden Jazzrock. Alles in gleitenden Übergangen, dass man sich zwischen (oft recht freigeistigem) Jazz und atmosphärischem Pop gar nicht entscheiden muss. Die gute Begleitband macht das schließlich auch nicht. TM

Jacobien Vlasman Quintett: „Vitrine Vocale“ (Double Moon), live heute im A-Trane