: Wie im Fernsehen: Auf der Bühne viel Seife
Ein fiktives Waller Wohnheim ist Schauplatz von „Sunrise“, einer sympathischen Soap Opera im Waldau-Theater
Soap Operas laufen normalerweise im Fernsehen, doch neuerdings spielen sich in Bremen die Dramen des Alltags auch auf der Bühne ab. In Serie, jeden Monat soll eine neue Episode zur Aufführung kommen. Das Setting von „Sunrise“, dessen „Pilotfolge“ am Samstagabend im Kellerspielraum TiK des Waldautheaters „gesendet“ wurde: Ein Waller Wohnheim. Dort treffen pubertierende Problemkids auf ihre natürlichen Widersacher: Erzieherinnen, Polizisten sowie Gäste aus Elternhaus und Jugendamt.
Die erste Folge „Ein Unglück kommt selten allein“ startete vielversprechend. Ein neues Mädchen soll einziehen: die stille Vanessa. Sie wird mit den Worten angekündigt: „Wissen Sie überhaupt, was sie durchgemacht hat?“ Das freilich erfährt der Zuschauer – noch – nicht. Ebenso verhält es sich auch mit den anderen Bewohnerinnen, dem durch die Neue reichlich verstörten Dreigestirn Jackie, Jana, Chantal. Sie lungern herum und zicken sich an. Worte wie „Bitch“ oder „Mein Casting wartet“ fallen. Näheres über die Prekariatsbiografie soll erst im Lauf der Serie folgen.
Zündstoff erhält die Geschichte durch das Auftauchen zweier Miesmacher. Dem Kontaktbeamten Benno Vogel und dem neuen Verwaltungschef Horst Dickenklöpfer sind die chaotischen Zustände im Heim ein Gräuel. Bald, zu bald, ist Dickenklöpfer mit den kreischenden Mädchen heillos überfordert und sitzt den Rest des Stücks als lebende Leiche mit Beruhigungsschnaps und Wolldecke ausgestattet auf dem Sofa. Da ließe sich noch mehr rauskitzeln. Doch nicht nur Dickenklöpfer, auch stressunerprobte Zuschauer dürfte das durchaus realistische Stimmen- und Handlungsstranggewirr schnell schocken. Halb so wild: Im flauschigen Kellertheater können tranquilisierende Getränke an der Theke geordert werden.
Die Regiesseurin Nina Arena – sie heißt wirklich so – hat selbst jahrelang im Bremer Amt für Soziale Dienste gearbeitet, bevor sie ins Schauspielfach wechselte. Fürs Waldautheater hat sie Stücke geschrieben und Regie geführt. Im von ihr geschriebenen „Sunrise“ spielt sie selbst mit, sie gibt die Heimleiterin, eine ewig leidende gute Seele.
Die Lebensläufe der Figuren hat sie in diesem Fall von deren Darstellern selbst schreiben lassen, die sie größtenteils „von der Straße weg“ gecastet hat. „Sunrise“, sagt sie, ist „das Schülerstück einer wild zusammengestellten Truppe“. Angelegt ist es auf ein, zwei Jahre, je nach Publikumsresonanz. Dass dabei wie im wirklichen Leben und in wirklichen Soaps die Figuren seltsame Verwandlungen durchmachen oder ganz abhanden kommen, versteht sich von selbst. Die noch mangelnde Tiefe der Charaktere wird durch grelle Überzeichnung wettgemacht; ein plausibles und unterhaltsames Mittel, gerade für Laiendarsteller.
Ganz neu ist die Idee nicht: Von 1999 bis 2003 lief im Hamburger Schmidt-Theater auf der Reeperbahn die „Pension Schmidt“. Sie endete mit der 369. Folge, als die Pension in die Luft gesprengt wurde. Robert Best
Nächste Folge nach den Sommerferien, Infos unter www.waldautheater.de