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Archiv-Artikel

Industrie und Konservative gegen Frührente

Während die SPD und die Gewerkschaften für einen Erhalt der Altersteilzeit agitieren, versuchen Unternehmen und Unionsparteien diese zu verhindern. Um ihre Vorstellungen durchzusetzen, organisert die IG Metall große Warnstreiks

BERLIN dpa ■ Rund 400 Beschäftigte des Automobilzulieferers Benteler haben am Sonntag in Dinslaken für einen Erhalt der Altersteilzeit demonstriert. Für den Montag hat die IG Metall unter anderem Warnstreiks in Düsseldorf und Bielefeld angekündigt. Sie will auf die Arbeitgeber dazu bringen, einen Anspruch aller Arbeitnehmer auf Altersteilzeit zu akzeptieren.

Krach gibt es wegen des Themas auch in der großen Koalition. Die SPD hat nämlich vorgeschlagen, die Ende 2009 auslaufende Regelung der staatlich geförderten Altersteilzeit bis 2015 zu verlängern. Außerdem sollen Arbeitnehmer schon mit 60 statt wie bislang erst mit 63 Jahren in Teilrente gehen können. Die bisherigen Grenzen für Hinzuverdienste sollen entfallen. Diese Kernpunkte will das SPD-Präsidium ebenfalls am Montag beschließen. Die Union lehnt die sozialdemokratischen Vorschläge jedoch rundweg ab.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff – zugleich stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei – sprach im ZDF von einem „Bruch des Koalitionsvertrags“. Wulff kritisierte am Samstagabend, Union und SPD hätten sich darauf verständigt, keine Frühverrentungsmodelle in dieser Form mehr zu fördern, „und jetzt entscheidet man bei den Sozialdemokraten das Gegenteil“. Dies sei eine „schwere Belastung“ für die Koalition. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lehnte eine Verlängerung der Altersteilzeit im ZDF ebenfalls ab – auch, weil dies „unglaublich teuer“ wäre. „Für 100 000 Menschen, die von der Altersteilzeit Gebrauch machen, zahlen die Beitragszahler 1,4 Milliarden Euro. Wir sind stattdessen für flexible tarifvertragliche Lösungen.“ Massive Kritik kam auch von den Arbeitgebern.

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, bezeichnete die Frühverrentung in der Bild als unsinnig. Jeder Euro, der für Frühverrentung ausgegeben werde, verringere „den Spielraum für Lohnerhöhungen und Beitragssenkungen in der Sozialversicherung“. Scharf kritisierte Hundt die geplanten Warnstreiks in der Metallindustrie. Die IG Metall erwartet dazu in den nächsten Tagen rund 100 000 Teilnehmer.

Derzeit erhalten Beschäftigte, die über die Altersteilzeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden, trotz Halbierung der Arbeitszeit etwa 82 Prozent ihres Nettolohns. Dies wird durch Aufstockungen des Arbeitgebers finanziert, die zum Teil von der Bundesagentur bei Neueinstellungen erstattet wird.