Auch Plutonium und Strontium in der Asse

Der Landkreis Wolfenbüttel bestätigt Berichte über weitere radioaktive Stoffe im Atomlager. Auch radioaktives Strotium, Radium und Plutonium wurden nachgewiesen. Das Umweltministerium untersagt Endlagerung von Cäsium

In der salzhaltigen Lauge, die aus unbekannter Quelle in das Bergwerk Asse sickert, sind neben Cäsium-137 auch radioaktives Strontium, Radium sowie Plutonium nachgewiesen worden. Das berichteten Mitglieder des Asse-Begleitgremiums am Dienstag der taz. Der Landkreis Wolfenbüttel, der das Gremium eingesetzt hat, bestätigte die Angaben. Das Begleitgremium hatte nach der Sitzung des Landtags-Umweltausschusses über die dramatische Lage in dem Bergwerk beraten.

Die Betreiber vom Münchner Helmholtz-Zentrum hätten auf gezielte Nachfrage eingeräumt, „dass auch Strontium und Plutonium festgestellt wurden“, sagte ein Teilnehmer. Diese Stoffe seien auf der 750-Meter-Sohle des Bergwerks gemessen worden, wo auch das Cäsium aufgetreten ist und ein großer Teil der insgesamt rund 126.000 Atommüllfässer lagert. „Es war auch von radioaktivem Tritium die Rede“, erinnert sich ein Teilnehmer. Ein Sprecher des Helmholtz-Zentrums erklärte, dass in der Lauge neben Cäsium „in Spuren“ weitere radioaktive Stoffe gemessen wurden. „Das waren allerdings nur ein paar Bequerel, ein paar Atome“, sagte er. Für Umwelt und Menschen sei kein Schaden entstanden.

Der Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram, der das Asse-Begleitgremium berät, bezeichnete die Radioaktivitäts-Funde dagegen als „alarmierend“. Dass sich nun auch Konzentrationen von Plutonium und Strontium im Asse-Wasser befänden, habe „eine neue und große Besorgnis erregende Qualität“. „Für mich heißt das, dass die im Bergwerk eingelagerten Gebinde wahrscheinlich undicht sind“, sagte Bertram zur taz.

„Von Strontium ist mir nichts bekannt“, sagte dagegen Umweltstaatssekretär Stefan Birkner am Dienstagnachmittag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Birkner rügte das Gebahren des Betreibers Helmholtz-Zentrum. Sein Haus habe erst durch die Unterrichtung im Umweltausschuss am Montag erfahren, dass seit Jahren mit Cäsium stark verseuchte Lauge in 750 Metern Tiefe in die Asse suppt.

Birkner betonte, er habe bis auf Weiteres verboten, das bis zum achtfachen des zulässigen Grenzwerts kontaminierte Cäsium 137 auf eine Sohle des ehemaligen Bergwerks in 975 Metern Tiefe zu pumpen, wie das seit 2005 passiert. „Das Umweltministerium zweifelt, ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind“, sagte der Staatssekretär. Das Ministerium werde prüfen, ob die Lagerung der insgesamt 77 Kubikmeter radioaktiven Lauge im tiefen „Sumpf“ der Asse nicht nach Atomrecht hätte vonstatten gehen müssen. Bislang war dies nach dem deutlich laxeren Sicherheitsvorschriften des Bergbaurechts vonstatten gegangen. Während die Grünen schon von einem „heimlichen Endlager“ gesprochen hatten, erklärte Birkner, das Helmholtz-Zentrum plane keine Rückholung der Materie.

Nach der Umweltausschuss-Sitzung hatten Abgeordnete aller Fraktionen am Montag kritisiert, Informationen würden nur „scheibchenweise“ herausgerückt. Bergwerks-Leiter Günther Kappei hatte noch Ende April behauptet, die Belastung durch das Cäsium 137 liege im Bereich der „Umweltradioaktivität“. Vor den Landtagsabgeordneten musste er nun die mehrfache Überschreitung der Grenzwerte durch das Cäsium einräumen.

In der Asse sind von 1967 bis 1978 schwach- und mittelstark radioaktiv strahlende Abfälle eingelagert worden. Offenbar ist es 1973 durch Mülleinlagerung aus einem Kernforschungszentrum zu einem Unfall gekommen, der zur heutigen Verseuchung führte. R. PAUL / K. SCHÖNEBERG