Mutter feierte, das Kind schrie im Hausflur
Neuer Fall von Kindesvernachlässigung beschäftigt das Sozialamt. Der Familienkrisendienst kannte das Problem
„Ich bin schockiert und sehr ärgerlich angesichts dieses neuen Falles von Kindervernachlässigung in Bremen. Ich kann und will nicht akzeptieren, dass es normal sein soll, wenn alle zwei Wochen verwahrloste Kinder aus ihren Familien geholt werden müssen.“ Mit diesen Worten hat Rita Mohr-Lüllmann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bremer CDU, den neuerlichen Fall einer Kindesvernachlässigung in Gröpelingen kommentiert. Wie am Montag durch eine Mail an Radio Bremen bekannt wurde, hatte die Polizei am Samstag früh einen zwei Monate alten Säugling ins Krankenhaus gebracht. Ein türkischer Nachbar hatte die Polizei informiert, dass das Kind längere Zeit schreiend im Hausflur gelegen hatte.
Die Mutter, die vom Familienkrisendienst in der Woche jeden Tag Besuch bekommt, war am Freitagabend auf eine Fete gegangen. Offenbar hing dies damit zusammen, dass sie Besuch von dem leiblichen Vater des Kindes bekommen hatte. Das Kind hatte sie bei einer Freundin in Obhut gegeben, deren Wohnung mit herumliegendem Abfall und Essensreste einen verwahrlosten Eindruck machte. Die Mutter hat, obwohl ihr Kind in Obhut genommen worden war, am Wochenende jeden Kontakt mit dem Sozialamt abgelehnt, erst gestern soll es zu einem Gespräch gekommen sein.
Mohr-Lüllmann warf die Frage auf, ob es sich um einen „unvermeidbaren Einzelfall“ handelt, wie die Sozialbehörde es offenbar sieht, oder um „eine im System der bremischen Kinder- und Jugendhilfe bedingte Vernachlässigung“. Sozialstaatsrat Joachim Schuster (SPD) hat einen ausführlichen Bericht der Sozialbehörde versprochen und gleichzeitig erklärt, alle drei Tage gebe es in Bremen eine „Inobhutnahme“. Insgesamt liegt die Zahl der in Obhut genommenen Kinder derzeit bei 110. In manchen Fällen werden die Kinder wieder den Eltern zurückgegeben. Ob dies in diesem Falle auch geschieht, ist aber offen. Die intensive Betreuung durch den Krisendienst zeige, dass die Lage der Mutter schon vorher als sehr kritisch eingeschätzt worden sei, erklärte die Sprecherin der Sozialbehörde, Petra Kodre. kawe