: Visumpflicht innerhalb des Kongo
Kongos Südprovinz Katanga, wo der Bergbau boomt, beschränkt den Zuzug von Kongolesen aus anderen Landesteilen. Die Zentralregierung in Kinshasa ist machtlos
BERLIN taz ■ Nachdem in der Demokratischen Republik Kongo eine weitgehende Dezentralisierung in Kraft getreten ist, die den Provinzen mehr finanzielle Befugnisse einräumt, bahnt sich zwischen der Zentralregierung und der Regierung der reichsten Bergbauprovinz Katanga ein Machtkampf auch in der Politik an. Katangas Provinzregierung stellte sich diese Woche hinter einen umstrittenen Erlass des Bürgermeisters der Provinzhauptstadt Lubumbashi, der den Zuzug von Kongolesen aus anderen Landesteilen drakonisch beschränkt. Zuvor hatte Kongos Innenminister die Maßnahmen jedoch für ungültig erklärt.
Am 21. Mai verfügte Lubumbashis Bürgermeister Floribert Kaseba, dass jeder, der neu in Katangas Hauptstadt zieht, sich innerhalb von drei Tagen mit einer festen Adresse anmelden muss und dann eine 30tägige Aufenthaltserlaubnis bekommt. Deren Verlängerung hängt dann von einem Einkommensnachweis ab – nicht leicht in einem Land, wo nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung bezahlte Arbeit hat. Die Zuzugsbeschränkung soll den Zustrom arbeitssuchender Kongolesen in die boomende Bergbauindustrie in und um das rund eine Million Einwohner zählende Lubumbashi mit seinen riesigen Kupfer-, Kobalt- und Zinkminen eindämmen.
Von einem „Visum für Kongolesen innerhalb des Kongo“ sprachen daraufhin Kritiker in der fernen kongolesischen Hauptstadt Kinshasa. Die Zentralregierung, deren wichtigste Minister ebenfalls aus Katanga stammen, blieb zunächst still. Aber angesichts der wachsenden Polemik hob Kongos Innenminister Denis Kalume, ebenfalls Katanger, die Maßnahme am 11. August auf und suspendierte den Bürgermeister von Lubumbashi.
Seitdem eilen Katangas Schwergewichte an die Seite des Bürgermeisters. Katangas Innenminister Jean-Marie Dikanga sagte am Montag, der Erlass bleibe in Kraft: „Egal ob der Innenminister der Zentralregierung die Beschlüsse des Bürgermeisters annulliert hat, werden wir die Zuwanderung kontrollieren“, erklärte er. Katangas Parlamentspräsident Kyungu wa Kumwanza tönte: „Es geht um Ordnung. Es kommen Leute, man weiß nicht woher, wo sie wohnen, was sie machen. Das muss aufhören.“
Kyungu ist berüchtigt als Organisator ethnischer Säuberungen in Katanga Mitte der 90er Jahre. Als damaliger Provinzgouverneur und treuer Parteigänger des früheren Staatschefs Mobutu Sese Seko ließ er Hunderttausende Migranten, die aus Katangas Nachbarregion Kasai stammten, mit brutalen Mitteln aus Katanga vertreiben. Nach Kongos Unabhängigkeit 1960 hatte sich Katanga schon einmal jahrelang vom Rest des Landes abgespalten. Katangischer Nationalismus ist seitdem ein Schreckgespenst im Kongo. In Katangas Bergbaugebieten wiederum sagen viele, dass die korrupte Machtelite in Kinshasa – selbst wenn sie aus Katanga stammt – die ordentliche Nutzung der Mineralien der Region verhindere, um privat zu profitieren. DOMINIC JOHNSON