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Archiv-Artikel

Moorburg bleibt weiter offen

Umweltbehörde prüft Ermessen bei Kohlekraftwerk. CDU-Wirtschaftsrat fordert Verhandlungen mit Vattenfall. Umweltverband BUND warnt davor, wie im Mühlenberger Loch Tatsachen zu schaffen

VON GERNOT KNÖDLER

Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) hat den Hinweisbeschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zur Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg bedauert. Nach der vorläufigen Einschätzung des Gerichts muss das Projekt nicht nach den Kriterien der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) geprüft werden. „Damit sind unsere naturschutzrechtlichen Vorbehalte in diesem wichtigen Punkt nicht zur Geltung gekommen“, bedauerte Hajduk. „Die Frage des wasserrechtlichen Ermessens, mit der wir uns derzeit befassen, ist hiervon nicht berührt.“

Mit dem Beschluss des OVG ist den Kraftwerksgegnern aus den Reihen der Umweltverbänden, der Anwohner und der Grünen eine wichtige Waffe aus der Hand geschlagen. Sie hoffen, dass die rechtliche Prüfung das Projekt noch stoppen kann. Dabei geht es in erster Linie darum, wie sich das Kraftwerk auf die Lebewesen in der Elbe auswirkt. Die Behörde prüfe noch, wie viel Wasser zur Kühlung des Kraftwerks aus der Elbe gepumpt werden darf und wie stark das Wasser dabei aufgeheizt werden darf, sagte ein Behördensprecher.

Werde der Strom erhitzt, fühlten sich Fische wie Lachs, Meerforelle und Nordseeschnäpel weniger wohl, gibt der Umweltverband BUND zu bedenken. Drei Viertel der im Kühlwasser schwimmenden pflanzlichen Kleinstlebewesen würden auf dem Weg durch das Kraftwerk getötet. Der Abbau dieser toten Biomasse trage zur ohnehin schon hohen Sauerstoffzehrung in der Elbe bei. Vor dem Hintergrund der Wasserrahmenrichtlinie und der Fischgewässerrichtlinie der EU sei daher „in jedem Fall von einer erheblichen Beeinträchtigung der Tideelbe auszugehen“, findet der BUND. Im übrigen würde für die Kühlung des Kraftwerks unverhältnismäßig viel Wasser entnommen.

Nach einem von Vattenfall in Auftrag gegebenen Gutachten, muss das Kraftwerk trotz dieser Bedenken genehmigt werden. Der Konzern hat im Vertrauen auf eine grundsätzliche Zusage des ehemaligen, von der CDU gebildeten Senats bereits mit dem Bau begonnen und Maschinen bestellt. Dem Senat drohte er deshalb mit einer Schadenersatzklage über 1,4 Milliarden Euro. Vattenfall erwartet jetzt „eine schnelle positive Entscheidung“. Die Umweltbehörde bekräftigte, sie werde „wie im Erörterungstermin beim OVG mit den Beteiligten besprochen, im September eine Entscheidung zum Genehmigungsverfahren treffen“.

Der CDU-Wirtschaftsrat, ein den Christdemokraten nahe stehender Club, forderte indes alle Beteiligten auf, nach Kompromissen zu suchen. „Weitere öffentliche Auseinandersetzungen schaden dem Standort und sollten vermieden werden“, sagte der Landesvorsitzende Andreas Mattner.

Der BUND warnte dagegen davor, einfach davon auszugehen, dass die von Vattenfall als Schadensminderungsmaßnahme geplante Fischtreppe in Geesthacht funktionieren werde. „Niemand wird ein Zwei-Milliarden-Euro-Kraftwerk abschalten, sollte sich herausstellen, dass die Fischtreppe nicht funktioniert“, warnte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Es drohe ein Szenario wie beim Mühlenberger Loch, wo Ausgleichsmaßnahmen nicht umsetzbar waren oder nicht funktionierten.