: Empörung über Polizeiübergriffe
Die Bürgerschaftsfraktion der Hamburger Linkspartei zeigt den Medien das Video vom Polizeiübergriff auf St Pauli. Feuerwehr sagt, der Oldenburger habe simuliert. Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen gegen Polizisten eingeleitet
Die Linksfraktion hat wegen der „schweren Polizei-Übergriffe“ im Verlauf des Klima und Antira-Camps eine Sondersitzung des Hamburgischen Bürgerschafts-Innenausschusses beantragt. „Wir sind verantwortlich für die politische Aufarbeitung“, sagte die Innenpolitikerin Christiane Schneider. Zugleich forderte sie eine „umfassende Kennzeichnungspflicht für die Polizisten“, um anonymisierte Gewalt-Exzesse zu verhindern, sowie die Einrichtung einer unabhängigen Polizeikommission.
Es war eine ungewöhnliche Rathaus-Pressekonferenz: Die Linke zeigte am gestrigen Mittwoch zunächst den Videofilm, der den polizeilichen Übergriff auf dem Spielbudenplatz beim Stadtteilrundgang auf St. Pauli am Mittwoch voriger Woche zeigt. Dort sind drei Teilnehmer von Polizisten zu Boden gerissen und brutal geschlagen worden. Der offenbar bewusstlose Florian S. aus Oldenburg ist aus dem Rettungswagen geholt und im Polizeiwagen zur Davidwache gebracht worden (taz berichtete).
Die Notärztin, die S. ohne medizinische Hilfe den Polizisten überlassen hatte, bleibt bei ihrer Darstellung. „Nach ihren Angaben habe er simuliert“, sagt Feuerwehr-Sprecher Peter Braun. Florian S. sei im Rettungswagen aufgesprungen und habe versucht zu flüchten. Als das misslungen sei, sagt Braun, „ist er wieder bewusstlos geworden“. Eine Version, die auch Polizeisprecher Ralf Meyer verbreitet, die aber nicht stimmen muss, da die Ärztin den Rettungswagen verlassen hatte, als S. von Polizisten fixiert worden ist.
Es sei „unerheblich“, ob S. „bewusstlos gewesen ist oder nicht“, sagte der Staatsrechtler und Linkspartei-Bundestagsabgeordnete, Norman Paech. „Man hat ihn fertig gemacht“, so Paech. „Der Schill-Virus ist noch immer in den Gedärmen des Polizeiapparats und wuchert.“
Für den Kriminologen Fritz Sack ist das Video „ein aufschlussreiches und erschreckendes Dokument“, dass die „Definitionsherrschaft der Polizei in Frage zu stellen und anzuzweifeln vermag“. Sack unterstützt die Forderung „nach mehr außerpolizeilicher Kontrolle durch eine Polizeikommission“.
Paech und Sack forderten die Staatsanwaltschaft auf, Ermittlungen wegen Körperverletzung von Amtswegen aufzunehmen. „Es gibt ein Vorermittlungsverfahren in Sachen Florian S.“, sagte Staatsanwaltschafts-Sprecher Wilhelm Möllers. Die Linke regt daher an, die Videoüberwachungsbänder des Spielbudenplatzes im Polizeipräsidium sicherzustellen. KAI VON APPEN