: Was könnte sich ändern?
BERLIN taz ■ Bei der geplanten Reform des Erbrechts werden vor allem die Regeln für den Pflichtteil verändert, den nahe Angehörige stets bekommen müssen.
Die bessere Honorierung von Pflegeleistungen im Erbrecht ist Teil eines größeren Gesetzespakets. Darin will Justizministerin Brigitte Zypries zahlreiche kleinere Korrekturen im Erbrecht vornehmen. Das Gesetz soll im Herbst vom Bundestag beschlossen werden und Anfang nächsten Jahres in Kraft treten.
Die meisten Änderungen betreffen den sogenannten Pflichtteil, der nahen Angehörigen auch dann zusteht, wenn sie im Testament „enterbt“, also nicht berücksichtigt wurden. Der Pflichtteil beträgt wertmäßig die Hälfte des gesetzlichen Erbes, wird aber in bar ausbezahlt.
Die Auszahlung des Pflichtteils kann den Erben stark belasten, zum Beispiel wenn er ein Haus oder ein Unternehmen geerbt hat. Um zu verhindern, dass das Erbe sofort verkauft werden muss, sollen künftig die Pflichtteilsforderungen häufiger gestundet werden können.
In wenigen Fällen kann der Erblasser im Testament sogar den Pflichtteil entziehen, zum Beispiel wenn ihn der Angehörige misshandelt oder mit dem Tod bedroht hat. Ein „ehrloser oder unsittlicher Lebenswandel“ des Angehörigen soll künftig aber nicht mehr genügen; diese Regelung sei zu unbestimmt gewesen, heißt es im Justizministerium. Stattdessen soll der Pflichtteilsentzug künftig möglich sein, wenn der Angehörige „zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde und die Teilhabe am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist“.
Um zu verhindern, dass jemand den Pflichtteil seiner ungeliebten Angehörigen stark reduziert, indem er sein Hab und Gut schon zu Lebzeiten verschenkt, gibt es schon lange einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dabei werden für die Berechnung des Pflichtteils auch Schenkungen während der letzen zehn Lebensjahre des Verstorbenen berücksichtigt. Künftig sollen solche Schenkungen aber mit zunehmendem Zeitablauf innerhalb der Zehnjahresfrist eine immer geringere Rolle spielen. So würde sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch binnen fünf Jahren halbieren.
Das Pflichtteilsrechts ist umstritten, weil es die Freiheit, seinen Nachlass nach eigenen Wünschen zu verteilen, stark beschränkt. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht 2005 dem Gesetzgeber eine völlige Abschaffung des Pflichtteils verboten. Der Pflichtteil sei Ausdruck der vom Grundgesetz geschützten „Familiensolidarität“, so die Richter. CHR