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: Saubermänner und Reinheitsgebote

„Die sind doch alle nicht sauber“, entfuhr es dem alten Mann mit dem Hängebauch und dem schlohweißen Haar. Kopfschüttelnd blickte er auf den flimmernden Fernsehbildschirm an der Wand und knallte sein leeres Bierglas so laut auf den Tresen der Bahnhofskneipe, als wollte er sich dadurch zusätzlich Gehör verschaffen. „Nee“, seufzte eine Frau am Nebentisch und schaute verstohlen hinter ihrer Zeitung hervor „sauber sind die nich“.

Der Alte nickte anerkennend, bestellte noch einen Schnaps und wandte sich dann mit verschränkten Armen wieder dem Bildschirm zu. Murmeln. Erneutes Kopfschütteln. Die Gläser seiner Brille beschlugen allmählich. „Kann mir doch keiner erzählen“, raunte es irgendwann widerwillig aus dem Dickicht seines Vollbartes hervor. Wolf-Dieter Poschmann tat es trotzdem: „Ein Rekord für die Ewigkeit!“ Mit einer Hand voll Pathos und sich überschlagender Stimme stellte der erfahrene Olympia-Kommentator fest, dass die Welt so etwas noch nicht gesehen habe.

„Ach hör mir auf“, rief der alte Mann am Tresen gen Bildschirm und leerte mit kräftigem Zug das letzte Glas Bier, „keiner von denen ist sauber“. Sprach‘s und bestellte die Rechnung. Der Kellner drehte den Ton des Fernsehers leiser und addierte, wie ihm befohlen, die Zeche. „18 Euro und fünfzig Cent. Ein Glück, dass Sie heute nicht mehr zur Dopingkontrolle müssen.“ „Jaja“, sagte der Alte, zuckte mit den Achseln und schlich wankenden Schrittes zu seinem Auto.CLAAS RELOTIUS