Claudio Richter, Muschelentdecker : Meerversteher macht dicken Fang
Wenn Claudio Richter arbeitet, taucht er meistens ab. Von Berufs wegen trägt der Meeresökologe deshalb Schnorchel und Flossen. Zusammen mit Mitarbeitern des Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) und des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) hat Richter nun einen dicken Fang gemacht. Eigentlich auf der Suche nach dekorativen Ziermuscheln für den Aquarienmarkt, fanden der Bremer Wissenschaftler und sein Team im Roten Meer eine bis dahin unentdeckte Riesenmuschelart, die Tridacna costata.
Nach jahrelangen Untersuchungen ist Claudio Richter nun mit dieser ökologischen Sensation an die Öffentlichkeit gegangen. „Erstmals nach 20 Jahren wird eine neue Muschelart beschrieben“, sagt Claudio Richter, der erst seit April für das Institut in Bremerhaven arbeitet.
Die im jordanischen Teil des Roten Meeres gefundene Muschelart könne bis zu 40 Zentimeter lang werden und werde seit nunmehr 125.000 Jahren von dem unstillbaren Hunger des Menschen auf Meeresfrüchte bedroht. Sie wanderte nach ihrer Entdeckung gleich auf die rote Liste der bedrohten Arten. „Unsere Erkenntnisse passen zu der Theorie, dass sich der moderne Mensch entlang der Küsten ausgebreitet hat“, sagt der 43 Jahre alte Professor vom AWI.
Ist er nicht gerade auf der Suche nach fossilen Riesenmuscheln in Jordanien, reist Richter zu Indonesiens Riffs oder an die Küste Thailands, um dort interne Wellen aus der Nähe zu betrachten. Nicht zu verwechseln mit den so genannten Monsterwellen, sorgen diese unterhalb des Meeresspiegels für reichlich Bewegung. „Da kann ein Taucher mal eben von 30 auf 100 Meter Tiefe gezogen werden“, sagt Richter ungerührt.
Zwar hat der Mensch bei solcherlei Naturgewalten seine Hände ausnahmsweise nicht im Spiel, aber nach Ansicht Richters sollte der zweibeinigen Spezies im ökologischen Zusammenhang mehr Beachtung geschenkt werden. Mithilfe von „zweckfreier Grundlagenforschung“ möchte der Aquarianer das Meer verständlicher machen: „Man muss wissen, wie ein Riff funktioniert, um es vor dem Menschen zu schützen.“ UTA GENSICHEN
Fotohinweis:CLAUDIO RICHTER, 43, Bremer Meeresökologe, entdeckte im Roten Meer eine neue Riesenmuschelart. FOTO: ZMT