: „Gewinne mit Ethik“
Nachhaltiges Investment muss keinen Gewinnverlust für die Anleger bedeuten, sagt Thomas Schönberger vom Umwelthaus. Auf dem Hamburger Börsentag berät er zum Thema
THOMAS SCHÖNBERGER, 50, berät im Ammersbeker Umwelthaus zum Thema ethisches Investment. FOTO: PRIVAT
Herr Schönberger, das kirchliche „Umwelthaus“ befasst sich mit ethischem Investment. Kirche und Geldanlagen – geht das zusammen?
Thomas Schönberger: Sehr gut sogar. Uns geht es darum, Gesellschaft zu gestalten – auch über Ökonomie. Mit dieser Idee kam ich zum ersten Mal im Rahmen der Friedensbewegung in Berührung. Damals gab es die Aktion „Giro blau“ – wir räumten alle unsere Konten, um das Bankensystem ins Wanken bringen. Das hat, gelinde gesagt, nicht ganz geklappt und die Ökobank, zu der viele ihr Geld trugen, hat Pleite gemacht. Überlebt hat die Idee eines alternativen Wirtschaftskreislaufs.
Heute kann man ethische Geldanlagen bei jedem Kreditinstitut erwerben. Worauf sollte man dabei achten?
Wichtig ist, dass man sich der eigenen Motivation bewusst wird. Wer ethisch investiert, berücksichtigt neben Sicherheit, Flexibilität und Rendite die inhaltlichen Komponenten seiner Geldanlagen. Hier kann man zum Beispiel Rüstung und Atomkraft ausschließen. Und Solarenergie fördern. Grundsätzlich geht es also um die Frage: Welche Ethik vertrete ich eigentlich?
Nun wäre es aber sehr riskant, all sein Geld in Solarenergie anzulegen.
Deshalb gibt es so genannte „Best in Class“-Produkte. Das sind Ethik-Fonds, die auch Aktien von Automobilfirmen oder Chemiekonzernen enthalten können. Das soziale, ökologische und ökonomische Verhalten dieser Unternehmen wird von unabhängigen Ratingagenturen transparent gemacht. So weiß man, wer „Klassenbester“ ist.
Lauert hier nicht die Gefahr des „Greenwashing“, also die Vergabe von Ethik-Etiketts ohne Hintergrund?
„Greenwashing“ entsteht, wenn Unternehmen mit schicken Katalogen für ihr Verantwortungsbewusstsein werben und es steckt nichts dahinter. Ethische Ratingagenturen wie Oekom Research, IMUG, Scoris oder Südwind arbeiten nach unseren Erkenntnissen seriös. Bei ihren Analysen kann natürlich herauskommen, dass eine Firma ihre Mitarbeiter fair behandelt und zugleich die Umwelt verschmutzt. Aber wenn diese Prozesse transparent werden, entsteht ein ethischer Wettbewerb in der Mitte der Gesellschaft. Belohnt werden die saubersten Vertreter der nicht ganz sauberen Industrien.
Am Ende zählen für die meisten dann doch die hohen Renditen, oder?
Für viele ja, aber es ist ein Irrglaube, dass Ethik und Rendite sich widersprechen. Ethische Geldanlagen erzielen Gewinne, die mit denen auf dem konventionellen Markt vergleichbar sind. Langfristig bieten sie sogar mehr Sicherheit, weil sie nicht auf kurzfristige Kursgewinne, sondern auf Nachhaltigkeit setzen.
Das klingt verlockend. Warum kaufen so wenige Menschen Ethik-Fonds?
Die Erinnerung an die Pleite der Ökobank in den 80er Jahren lastet immer noch ein wenig auf diesem Anlagebereich. Viele glauben, hier träfe hohes Risiko auf schmale Rendite. Außerdem bremsen die kommerziellen Banken den Handel mit Ethik-Fonds teilweise. In Testkäufen haben wir ermittelt, dass viele Anlageberater wenig über diese Fonds wissen und häufig sogar von einem Kauf abraten. Unter diesen Vorzeichen ist die Entwicklung des Marktes erstaunlich: Er ist zwar noch relativ klein, verzeichnet aber rasante Zuwächse.
Wie haben sich Ihre eigenen Anlagen in den letzten Jahren denn entwickelt?
Ich habe mein Geld auf drei große ethische Banken verteilt. Mit einer konservativen Anlagestrategie mache ich rund dreieinhalb Prozent Plus im Jahr. Ethische Aktienfonds haben in den letzten Jahren Kursschwankungen erlebt, die denen auf dem konventionellen Markt vergleichbar sind, oft liegen sie sogar ein wenig darüber.
Wenn ich Geld übrig hätte, das ich ethisch investieren wollte. Was sollte ich tun?
Informieren Sie sich bei einer unabhängigen Institution. Die Verbraucherzentrale etwa bietet eine dezidierte Nachhaltigkeitsberatung an und wer zum Börsentag kommt, erhält an unserem Stand einen Überblick über mögliche Strategien. Erst wenn man seine Präferenzen kennt, sollte man sich an die Anbieter wenden. Das mag aufwändig klingen, aber es zahlt sich aus.